Tausende ausgebildete Lehrkräfte ab September ohne Job!

GEW-Logo_2015_55Heftige Kritik der GEW Bayern an der Einstellungspraxis der Staatsregierung

Mitteilung: GEW Bayern

Deutlich mehr Lehrer*innen und Pädagog*innen sind an Bayerns Schulen notwendig. Nur so kann die Arbeit an den Schulen mit allen bereits bestehenden Aufgaben gut laufen, nur so kann es auf den Baustellen Inklusion, Ganztag, individuelle Förderung und Berufsschulplätze für Flüchtlinge vorangehen. Daher lautet der nachdrückliche Appell des GEW-Landesvorsitzenden Anton Salzbrunn an die Staatsregierung und die CSU-Fraktion im Landtag: „Schaffen Sie die nötige Zahl neuer Planstellen für Lehrkräfte! Das wäre auch ein Beitrag zur Verringerung der aktuell weiter steigenden Arbeitslosigkeit junger Lehrer*innen.“

Das Kultusministerium hat vor kurzem die „Wartelisten“ für die Einstellung junger Bewerber*innen an den Gymnasien und Realschulen veröffentlicht. Die Listen mit den Einstellungsnoten für Grund- und Mittelschulen folgen diesen Freitag. Für mehrere tausend frisch ausgebildete Lehrkräfte hat dies massive Unsicherheit und häufig Arbeitslosigkeit zur Folge! Da Lehramtsreferendar*innen Beamte auf Widerruf sind, werden für sie keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt mit der Folge, dass sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Ihnen bleibt dann nur der Antrag auf Hartz IV oder ausbildungsfremd zu arbeiten.
„Dabei werden an bayerischen Schulen weitere Pädagog*innen dringend benötigt!“ stellt Salzbrunn fest, „schon jetzt lässt sich der vorgeschriebene Normalbetrieb an vielen Schulen oft nicht aufrecht erhalten. Starke Einschränkungen und teilweiser Zusammenbruch der Unterrichtsversorgung sind keine Ausnahme.“

Hinzu kommen die Baustellen: individuelle Förderung, guter Ganztag und Inklusion. Dafür werden ebenfalls dringend zusätzliche Lehrkräfte benötigt. In vielen Realschulklassen ist daran überhaupt nicht zu denken. Dort sitzen in rund 1.000 Klassen zur Zeit mehr als 30 Schüler*innen. Die Umsetzung des Inklusionsprinzips führt bei der derzeitigen Personalsituation häufig zur Überforderung der Kolleg*innen. Nach Ansicht von Christiane Wagner, Lehrerin an einer Mittelschule und GEW-Landesvorstandsmitglied, wäre es sehr hilfreich, wenn es mehr Förderstunden gäbe: „Wie soll ich in einer Klasse von 25 Kindern verstärkt auf die 15 Kinder mit Migrationshintergrund eingehen? Wir arbeiten hier wirklich am Limit.“

„Allerdings sei es nicht damit getan“, so Salzbrunn, „dass nur befristete Verträge oder Halbtagsstellen vergeben werden: Die jungen Menschen brauchen Planungssicherheit und ein ausreichendes Einkommen.“ Besonders an den Fach- und Berufsoberschulen werden für September sehr viele sogenannte „unterhälftige“ Verträge erwartet. „Das Ministerium rechnet damit die Statistik schön. Es wird 5.000 Neueinstellungen verkünden und nicht dazu sagen, dass die meisten angestellten Lehrkräfte mit weniger als der halben Stundenzahl und damit prekär beschäftigt werden“, kritisiert Anna Forstner, GEW-Personalrätin und Lehrerin an einer FOS/BOS. „Von rund 1.500 Euro brutto kann man in den Großstädten nicht leben“ so Forstner weiter. Dagegen werde gerade in diesen Schulen wieder flächendeckend Unterricht gekürzt. „Besonders im Bereich der politischen Bildung sind Unterrichtskürzungen eine Schande angesichts zunehmender Politikverdrossenheit bei gleichzeitig tausenden arbeitslosen jungen Lehrer*innen“, kritisiert Salzbrunn.

Bernhard Baudler, Schulexperte der GEW Bayern, verweist auf zusätzlichen Bedarf an den bayerischen Berufsschulen. Nach Angaben des Bayerischen Landkreistages leben in Bayern derzeit rund 15.000 berufsschulpflichtige Flüchtlinge. Für sie gibt es aber nur 5.000 Plätze in den Schulen. Die „übrigen“ 10.000 jungen Menschen haben die Schulbehörden „zunächst vom Besuch der Berufsschule befreit“ (O-Ton Kultusministerium). „Wenn nur ein Drittel der Schulaufgabe gelöst ist, ist das gerade noch eine Fünf!“ stellt Salzbrunn dem Kultusministerium eine schlechte Note aus.

GEW Bayern fordert Beseitigung der Schulmisere und neue Planstellen für Lehrkräfte Die Bildungsgewerkschaft fordert in einem ersten Schritt die Schaffung von mindestens 1.900 zusätzlichen Planstellen bis 2018. Bereits für eine minimale Weiterentwicklung von gebundenen Ganztagsklassen, Inklusion und individueller Förderung sind allein mindestens 1.200 neue Stellen nötig. Ohne diesen enormen Lehrkräftebedarf zu decken, wird die Staatsregierung ihre selbst gesteckten Ziele für die Schulen deutlich verfehlen. Zusätzlich müssen Mittel für rund 700 weitere Stellen als Sofortprogramm für Flüchtlinge an Berufsschulen im Staatshaushalt zur Verfügung gestellt werden. Zuletzt hatte Bayern Rekordsteuereinnahmen, mit einer Zunahme um 24 Prozent. „Das Geld wäre da!“ so Bernhard Baudler von der GEW und fragt: „Warum sitzen dann tausende berufsschulpflichtige Flüchtlinge nicht in der Berufsschule sondern nur in Lagern und anderen Unterkünften?“

Die GEW drängt den Ministerrat, bereits bei seiner Klausur im Juli die ersten Mittel für die zusätzlichen Pädagog*innen in den Nachtragshaushalt einzubringen. Auch der Bildungsgewerkschaft ist klar, dass hier in Zukunft größere Beträge notwendig sind. Das Bildungssystem ist auch in Bayern chronisch unterfinanziert. Wie dies gegenfinanziert werden kann, hat die GEW in einem detaillierten Beitrag zur Bildungsfinanzierung mit einem eigenen Steuerkonzept schon vor einigen Jahren dargelegt.

PM Nr. 12 v. 15.7.2015
GEW Bayern
Elke Hahn
www.gew-bayern.de

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