IPPNW lehnt 100 Milliarden-Sofort-Aufrüstungsprogramm ab

Mitteilung: IPPNW

Friedensnobelpreisträgerin kritisiert Entscheidung über F-35 als neue Atomwaffenträger

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW lehnt das 100 Milliarden-Sofort-Aufrüstungsprogramm für die deutsche Bundeswehr entschieden ab. Stattdessen fordert sie mehr Mittel für Krisenprävention, zivile Konfliktbearbeitung und eine sozial-ökologische Transformation. „Eine massive Aufrüstung zieht Kraft, Ressourcen und Intellekt von den globalen Herausforderungen wie der Klimakrise und globaler sozialer Gerechtigkeit ab“, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. Die gestern bekannt gegebene Entscheidung der Bundesregierung, dutzende F-35 Kampfjets als Atomwaffenträger anzuschaffen, trage in der jetzigen Situation eher zu weiterer Eskalation bei. „Durch diese massive Investition besteht außerdem die Gefahr, dass die nukleare Teilhabe jetzt auf lange Zeit festgeschrieben wird“, so Claußen.

In einer Zeit, in der die Gefahr eines Atomkriegs greifbar ist, müsse umgehend deeskaliert werden. Die milliardenschwere Anschaffung von neuen Kampfflugzeugen für einen potentiellen Atomwaffeneinsatz der NATO hingegen sei der absolut falsche Weg, fügt die Atomwaffenexpertin der IPPNW, Xanthe Hall, hinzu. „Anstatt weiter in Atomwaffen zu investieren, müssen wir Rüstungskontrolle und die nukleare Abrüstung voranbringen. Nur so können wir verhindern, in Krisen wie dem Ukraine-Krieg erpresst zu werden und in ausweglose Situationen zu geraten“, so Hall. Die Aufträge über die Tornado-Nachfolge und weitere 15 Eurofighter gingen an große Rüstungsfirmen, die seit langem Druck auf das Verteidigungsministerium ausgeübt und zahlreiche Lobbygespräche geführt hätten.

Im Rahmen des 100-Milliarden-Programms von Olaf Scholz sollen als Teil der Investition in multinationale Rüstungsprojekte bewaffnete Drohnen angeschafft werden. Auch dieses Vorhaben lehnt die ärztliche Friedensorganisation als weiteren Schritt in Richtung autonomer Kriegsführung ab. Sie fordert die Bundesregierung stattdessen auf, sich für eine Initiative zur weltweiten Ächtung von unbemannten tödlichen Waffensystemen einzusetzen. Immer schnellere Reaktionszeiten würden die militärischen Gegner zwingen, in immer kürzeren Intervallen zu reagieren. Dies führe unweigerlich zu einer fortschreitenden Automatisierung mithilfe künstlicher Intelligenz. Daher spricht sich die IPPNW sowohl gegen die Bewaffnung der Heron-TP-Drohnen als auch gegen die weitere Entwicklung der Eurodrohne aus.

Auch die weitere Entwicklung des Future Combat Air Systems (FCAS) soll durch das Milliarden-Paket finanziert werden, was die IPPNW ebenfalls ablehnt. Deutschland, Frankreich und Spanien wollen sich mit FCAS eine Vorreiterrolle in der autonomen Kriegsführung sichern. FCAS besteht aus einem neuartigen Kampfjet mit Tarnkappen-Technologie, begleitenden Drohnenschwärmen und einer Vernetzung durch eine „Gefechts-Cloud“. Alleine die Entwicklungskosten von FCAS werden auf über 100 Milliarden Euro geschätzt, die Gesamtkosten könnten sich auf 500 Milliarden Euro belaufen. Der Bericht des Bundestages zur Technikfolgenabschätzung Autonomer Waffensysteme (Bundestagsdrucksache 19/23672) kommt zu dem Schluss, dass durch „sehr potente autonome Waffensysteme“ das strategische Gleichgewicht zwischen den Atomwaffenstaaten massiv infrage gestellt und dadurch nukleare Abrüstung weiter erschwert werden könnte.

Keines der Waffensysteme, welches durch das 100-Milliarden-Programm finanziert werden soll, wird einen Einfluss auf den aktuellen Krieg in der Ukraine haben. Die Anschaffung und Bereitstellung der neuen F-35 Kampfjets sowie die Entwicklung der Eurodrohne werden noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Das FCAS soll erst im Jahr 2040 einsatzbereit sein.

Zusammen mit anderen Friedensorganisationen hat die IPPNW am 15.3.2022 in Berlin eine Protestaktion gegen das geplante 100-Milliarden-Aufrüstungsprogramm organisiert:

©Foto 2022: IPPNW (Bild auf www.flickr.com)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


15.3.2022
Lara-Marie Krauße (IPPNW-Pressereferentin)
Angelika Wilmen (IPPNW-Referentin für Friedenspolitik)
www.ippnw.de

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