Mini-Renten zum Teil auch nach 45 Versicherungsjahren
DGB Bayern fordert Kurswechsel in Renten- und Arbeitsmarktpolitik. Stiedl: „Wir wollen Gute Arbeit und gute Renten. Beides gehört zusammen und ist machbar, wenn alle an einem Strang ziehen.“
Knapp drei Viertel der Frauen (73,5 Prozent) und rund 40 Prozent der Männer, die 2023 in Bayern in Rente gegangen sind, lagen mit Rentenzahlbeträgen von unter 1.200 Euro deutlich unterhalb der bayerischen Armutsgefährdungsschwelle von 1.322 Euro. Mit einer durchschnittlichen Altersrente von 1.305 Euro kamen Frauen selbst nach 45 Versicherungsjahren (Altersrente für besonders langjährig Versicherte) nicht über die Armutsgefährdungsschwelle hinaus. Zu diesen besorgniserregenden Ergebnissen kommt der neue Rentenreport des DGB Bayern.
Mit Blick auf die heute beginnenden Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD fordert Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, deshalb deutliche Nachschärfungen im Feld der Rentenpolitik. „Die ersten Eckpunkte im Sondierungspapier von Union und SPD lassen noch viel Interpretationsraum. Zwar gibt es ein Bekenntnis zur Sicherung des Rentenniveaus, eine konkrete Zahl wird jedoch nicht genannt. Wir brauchen verbindliche Zusagen und keine vagen Formulierungen. Für uns ist klar: Das Rentenniveau muss zunächst bei 48 Prozent stabilisiert und anschließend auf mindestens 50 Prozent angehoben werden, um die Altersvorsorge für alle nachhaltig zu stärken.“
Eine sichere und auskömmliche Rente sei genau das, was die Menschen heute erwarteten, so Stiedl weiter: „Laut aktuellem DGB-Sozialstaatsradar ist eine deutliche Mehrheit von 63 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu höheren Beiträgen bereit, wenn dadurch die Leistungen der gesetzlichen Rente mindestens auf dem bisherigen Niveau bleiben.“ Als „sehr vage“ bewertet Stiedl die im Sondierungspapier angekündigte Reform der privaten Altersvorsorge. „Besser als solche Reformen wäre eine Rückbesinnung auf die Leistungsfähigkeit unseres umlagefinanzierten Rentensystems und die angestrebte Stärkung der Betriebsrenten.“
Der neue Rentenreport zeigt auch die nach wie vor eklatanten Unterschiede bei der Rentenhöhe von Männern und Frauen auf: So lag der durchschnittliche Zahlbetrag für Neurentner in Bayern im Jahr 2023 bei 1.351 Euro. Neurentnerinnen erhielten dagegen im Schnitt nur 905 Euro. „Damit übertrifft der Gender Pension Gap mit 33 Prozent noch einmal deutlich den Gender Pay Gap, den Entgeltunterschied zwischen Frauen und Männern, der in Bayern bei 18 Prozent liegt“, kritisiert Verena Di Pasquale, stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern.
Ausschlaggebend dafür sind laut Di Pasquale neben dem ausgeprägten Niedriglohnsektor im Freistaat (14,3 Prozent der Vollzeitbeschäftigten) vor allem die Unterschiede in der Erwerbsbeteiligung und im Erwerbsumfang. Bei den Frauen hat die Teilzeitbeschäftigung inzwischen die Vollzeitbeschäftigung überholt. Gleichzeitig gibt es in Bayern fast 730.000 Minijobs – mit 450.000 Minijobberinnen.
„Gute Renten sind kein Zufall, sondern das Ergebnis einer guten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, wir brauchen daher eine stärkere Tarifbindung sowie die richtigen Strategien zur Umwandlung von Minijobs und prekärer Arbeit. Denn gute Löhne, sichere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und mehr Teilhabe am Arbeitsmarkt für bisher benachteiligte Gruppen sind aus unserer Sicht zentrale Stellschrauben für ein gutes, verlässliches und auskömmliches Einkommen heute und im Alter“, erklärt Di Pasquale.
Angesichts der Ergebnisse des Reports erteilt der DGB Bayern auch allen Forderungen nach einer Erhöhung des Renteneintrittsalters eine klare Absage. Schon heute können viele Beschäftigte nicht bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze arbeiten. Im Jahr 2023 waren rund 63 Prozent der 60-Jährigen in Bayern sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Vollzeitquote: 39,4 Prozent). Danach geht es Jahrgang für Jahrgang steil bergab. Von den 66-Jährigen waren im Jahr 2023 lediglich noch 9,5 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt, davon 4,6 Prozent in Vollzeit. Hier sieht Di Pasquale vor allem die Arbeitgeber in der Pflicht: „Denn häufig sind es ungeeignete Arbeitsbedingungen oder die gesundheitlichen Folgen einer langen Erwerbsbiografie, die ältere Arbeitnehmer*innen dazu zwingen, vorzeitig aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. Fachkräftesicherung geht anders!“
Stiedl zufolge sind jedoch nicht nur die Bundesebene und die Arbeitgeber gefordert, auch Bayern müsse mehr tun, um bestehende Ungleichheiten bei der Arbeitsmarktteilhabe abzubauen: „Insbesondere die Rahmenbedingungen, etwa bei der Kinderbetreuung oder der Pflege, gilt es noch deutlich zu verbessern. Wir wollen Gute Arbeit und gute Renten. Beides gehört zusammen und ist machbar, wenn alle an einem Strang ziehen“, so Stiedl abschließend.
Hintergrund
Mit dem „Rentenreport 2025“ legt der DGB Bayern seinen siebten Bericht zur Situation der Rentnerinnen und Rentner in Bayern vor. Für den Report hat der DGB Bayern aktuelle Zahlen und Daten der Deutschen Rentenversicherung ausgewertet.
→ Download des „Rentenreport 2025“
13.3.2025
DGB Bayern
bayern.dgb.de