GEW warnt vor Absenkung der Qualitätsstandards

Bildungsgewerkschaft GEW zur Sitzung des Bundesrates: Ganztag braucht auch in den Ferien pädagogische Qualität

Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) reagiert mit deutlicher Kritik auf den Vorstoß des Landes Niedersachsen, nach dem niedrigschwellige Angebote der Jugendarbeit zugelassen werden sollen, um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Schulferien zu erfüllen. Dafür will Niedersachsen das Achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ändern und die Statistikpflicht abschaffen.

„Ganztagsbildung und -betreuung in der Grundschule dürfen nicht zum Sparmodell verkommen“, betonte Doreen Siebernik, stellvertretende GEW-Vorsitzende und Vorstandsmitglied für Jugendhilfe und Sozialarbeit, heute mit Blick auf die Bundesratssitzung am Freitag, in die Niedersachsen seinen Gesetzentwurf einbringen wird. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Ferienzeiten stärker in den Blick genommen werden. Es ist richtig, Strukturen der Jugendarbeit und deren Kompetenzen im Sozialraum zu nutzen. Entscheidend ist jedoch: Für eine erfolgreiche pädagogische Arbeit insbesondere mit jüngeren Grundschulkindern sind verlässliche Beziehungen zwischen den Pädagoginnen und Pädagogen und den Kindern ausschlaggebend. Der Rechtsanspruch auf Ganztag muss auch in den Ferien qualitativ hochwertig umgesetzt werden. Dafür braucht es ausgebildetes Personal, klare pädagogische Konzepte und eine verlässliche Datengrundlage. “

Nach dem Gesetzentwurf Niedersachsens soll der Rechtsanspruch auf achtstündige Betreuung an Werktagen künftig auch durch Angebote der Jugendarbeit nach Paragraf 11 SGB VIII erfüllt werden können. Siebernik warnte davor, dass dadurch pädagogisch nicht ausreichend qualifizierte Angebote entstehen könnten: „Das Gesetz greift zu kurz, die dort formulierten Ziele sind auch ohne eine Änderung des SGB VIII zu erreichen. Ohne klare Qualitätsvorgaben droht ein Flickenteppich unkoordinierter Freizeitmaßnahmen, der dem Bildungsanspruch des Ganztags nicht gerecht wird. Gerade in den Ferien benötigen Kinder verlässliche, entwicklungsfördernde und gut begleitete Angebote – und keine Notlösungen. Ganztag gelingt nur mit Qualität. Was gut gemeint ist, darf nicht schlecht gemacht werden.“ Dabei sei ausschlaggebend, dass die richtigerweise im Ganztagsförderungsgesetz verankerte Berichtspflicht endlich von allen Bundesländern erfüllt werde. Wichtig sei dafür eine verlässliche bundesweite Ganztagsstatistik. „Für die Qualitätssicherung ist eine gute Datengrundlage erforderlich, denn sie ermöglicht den Blick über den eigenen Tellerrand und öffnet Möglichkeiten der bewussten Steuerung. Es waren die Länder, die beim Ganztagsförderungsgesetz auf einer Evaluationsklausel bestanden haben. Eine qualitative Evaluation kann nur mit qualitativ guten Daten klappen“, sagte Siebernik.

Sie schlug vor, eine Qualitätsoffensive für die Ganztagsbildung gesetzlich zu verankern. So könnten einheitliche Standards und verbindliche Rahmenbedingungen für alle Ganztagsangebote geschaffen werden. Sie machte sich zudem für eine Qualifizierungspflicht stark, die sicherstelle, dass auch in der Ferienbetreuung ausschließlich pädagogisch ausgebildetes Fachpersonal eingesetzt wird. Darüber hinaus forderte Siebernik, die Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten im Ganztagsbereich tariflich abzusichern. So würden attraktive und verlässliche berufliche Perspektiven sichergestellt. „Jugendhilfe und Schule müssen eng verzahnt werden, damit die unterschiedlichen Professionen auf Augenhöhe zusammenarbeiten und Bildung, Betreuung und Förderung aller Kinder ganzheitlich und koordiniert gestaltet werden können“, unterstrich Siebernik.


12.6.2025
Ulf Rödde
GEW-Hauptvorstand
www.gew.de