Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 72: Machnos Erben

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 72

 

Machnos Erben

„Wir werden die Diener dieser Megamaschine. Die Produktion steht nicht mehr in unserem Dienst, sondern wir stehen im Dienst der Produktion. Und aufgrund der gleichzeitigen Professionalisierung aller möglichen Dienstleistungen werden wir unfähig, für uns selbst zu sorgen, unsere Bedürfnisse selbst zu bestimmen und sie selbst zu befriedigen. Wir werden von Experten bevormundet und entmündigt.“
(André Gorz)

ChatGPT, was ist denn das nun schon wieder? Schafft sich der Mensch nun endgültig selber ab? Hat er das nicht längst getan? Die Menschen werden in dem Maß blöder, wie die Dinge und Maschinen intelligenter werden. Die modernen Naturwissenschaften haben im Interesse der Naturbeherrschung und des Profits die Welt auf eine Summe gesetzmäßiger Mechanismen reduziert, die auf mathematische Formeln gebracht werden können. Dieses Denken, heißt es in André Gorz‘ Kritik der ökonomischen Vernunft, bringt schließlich eine Maschine hervor, „die das Denken der Äußerlichkeit durch die Äußerlichkeit dieses Denkens selbst ersetzt und seitdem als Bezugspunkt für den menschlichen Geist dient: der Computer, gleichzeitig Rechenmaschine und ‚künstliche Intelligenz‘, Maschine zur Komposition von Musik, zum Schreiben von Gedichten, zur Krankheitsdiagnose, zur Übersetzung, zum Sprechen … Die Fähigkeit zum Entwurf von Maschinen begreift sich schließlich selbst als Maschine; der Geist, der in der Lage ist, wie eine Maschine zu funktionieren, erkennt sich in der Maschine wieder, die in der Lage ist, wie er selbst zu funktionieren – ohne zu begreifen, dass in Wirklichkeit die Maschine nicht wie der Geist funktioniert, sondern nur wie jener Geist, der gelernt hat, wie eine Maschine zu funktionieren.“ … weiter
(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von ThankYouFantasyPictures auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im GEW-MAGAZIN

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 71: Die Schlange, der Riss und der Tod

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 71

 

Die Schlange, der Riss und der Tod

„Dummheit ist von allen nachwachsenden Energien die zuverlässigste.“
(Sten Nadolny)

Auf dem Alten Friedhof saß ein junger Mann auf einer Bank und fütterte die Eichhörnchen, „meine“ Eichhörnchen. Sie wuselten in größerer Zahl um ihn herum und schienen vertraut mit ihm. Bei mir stellten sich umgehend Eifersuchtsgefühle ein. Als er sah, dass auch ich Nüsse mit mir führte, fühlte er sich bemüßigt Äußerungen zu tätigen, die seine Priorität in Sachen Eichhörnchen-Fütterung betonten. „Heute bevorzugen sie Erdnüsse“, sagte er. Wie zur Bestätigung wurde eine von mir ins Spiel gebrachte Walnuss ignoriert und einfach liegen gelassen. Er nahm das als Beleg für seine größere Vertrautheit mit den Tieren. Er behauptete nun, dass die Eichhörnchen 95 Prozent der von ihnen vergrabenen Nüsse nicht mehr wiederfänden. Feldversuche hätten das ergeben, er habe entsprechende Studien gelesen. Ich bezweifelte diese hohe Fehlerquote, ganz so dämlich und vergesslich seien die Hörnchen nicht. Ich konnte aber wissenschaftlich nichts gegen seine Behauptung aufbieten. Er beharrte auf seinen Zahlen und wiederholte sie eins ums andere Mal.

Der junge Mann gab sich als Mitglied einer Verbindung zu erkennen, die ihr Hauptquartier direkt neben dem Friedhof hat. Ich habe unter dem rechten Augen eine Narbe, die von einer Jochbeinverletzung herrührt, die er aber für einen „Schmiss“ hielt. Er fragte, ob ich einer schlagenden Verbindung angehörte. Als ich verneinte und meine tiefe Abneigung gegen solche Vereinigungen zum Ausdruck brachte, ging unser Gespräch schnell zu Ende. … weiter
(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von StockSnap auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im GEW-MAGAZIN

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 70: Statistiken bluten nicht

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 70

 

Statistiken bluten nicht

»Der Mensch wird – in dieser Gesellschaft – überflüssig, vorher schwinden seine Fähigkeiten.«
(Max Horkheimer)

Gestern fand an der Ausgrabungsstätte der Alten Synagoge eine Art Führung statt, die vom Stadtarchäologen durchgeführt wurde. Am Sonntagvormittag versammelten sich circa 100 Gießener Bürger rund um die Grube, in der die Grundmauern des 1938 niedergebrannten jüdischen Gotteshauses freigelegt worden sind. Das Wetter passte zum Ort und zum Anlass. Es war kalt, windig und regnerisch. Frierend standen die Menschen um die Grube. Gruben haben immer etwas Gruseliges und diese hier ganz besonders. Auch dann, wenn keine Gebeine zum Vorschein gekommen waren, war es doch wie auf dem Appellplatz von Buchenwald. Was freigelegt und ans Licht geholt wurde, ist ein Teil der verdrängten deutschen Geschichte. Ob wir wollen oder nicht, geht uns das etwas an, auch wenn viele glauben, dass sie sich davon losreißen können. Da der Stadtarchäologe kaum zu verstehen und das, was er zeigen wollten, von etwas weiter weg nicht zu sehen war, Wetter und Ort zum Frösteln waren, wohnte ich der Veranstaltung nicht bis zum Ende bei, sondern trollte mich nach einer Weile. Ich floh ins Warme. Jedenfalls äußerlich. … weiter 
(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im GEW-MAGAZIN

 

 

Solidarität mit Roger Waters

Wir alle sind Roger Waters

 

Ein Kommentar von Klaus Hecker

Ich rufe auf:

  • Holt eure Pink Floyd Platten aus dem Schrank,
  • hängt ein Pink Floyd Bild in die Küche,
  • klebt was aufs Auto,
  • backt einen Pink Floyd Kuchen,
  • überall, wo live Konzerte sind, fragt die Band, ob die nicht auch ein oder zwei Pink Floyd songs spielen können,
  • weitere Ideen sind erwünscht!

Und dann kommt’s knüppeldick: Vom Freitag 31.03.2023 – Sonntag 02.04.2023 rufen wir zu einem geilen Pink Floyd Weekend auf. Wir ziehen allüberall Pink Floyd Feten auf. Es wird gefeiert, getanzt, gebechert, geknutscht – je nach gusto. Wir hören voneinander, wir fluten das Netz mit Pink Floyd Feten Geschichten. Den täglichen Fernsehbericht von Rheinmetall um 20.00 Uhr schauen wir nicht an. Überhaupt lassen wir die – wie soll man sagen – so ausgewogene – Berichterstattung nicht in unsere Köpfe. Wir schalten die Nachrichten ab und den Fernseher aus. … weiter

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 69: Das braune Raunen

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 69

 

Das braune Raunen

„In jedem Faschismus steckt die Erlaubnis, inneres Leid mit äußerlich zugefügtem zu verwechseln und sich für dieses mit Gewalt zu entschädigen.“
(Wilhelm Genazino)

Gießen ist eine einzige Baustelle. Alles ist ständig verstopft, der Autoverkehr kommt zum Erliegen, aber die Leute ziehen keine Konsequenzen daraus. Sie stürzen sich jeden Tag aufs Neue wie die Lemminge über die Stadtgrenzen ins Gewühl. Als suchten sie insgeheim den Stau als etwas Lustvoll-Erregendes. Wenn der Verkehr stockt, achten die Leute nicht mehr darauf, Kreuzungen und Fußgängerüberwege freizuhalten, was immer wieder zu wütenden Hupkonzerten und Brüllereien führt. Fängt einer mal an zu hupen, fallen viele andere ein und wollen zeigen, dass auch sie über eine Hupe verfügen. … weiter
(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von Nile auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im GEW-MAGAZIN

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 68: Schliemann’sche Funde oder: »The road not taken.«

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 68

 

Schliemann’sche Funde oder: »The road not taken.«

»Ich fand einen Begriff für jenes Gefühl, das mich seit dem Tod des Bruders gefangen hielt, Einsamkeit. Ich erkannte darin die Krankheit meiner Zeit, die Ursache des Unglücks, das jeder, der ein offenes Herz hatte, empfinden musste. Am Ende war jeder allein, das spürte ich, und ein Ende gab es alle Tage.«
Lukas Bärfuss

Am Samstag (11. Februar 2023) sah ich auf 3sat den Dokumentarfilm Herr Bachmann und seine Klasse, den ich verpasst hatte, als er in der Corona-Zeit im Kino lief. Der Film begleitet den Lehrer Bachmann und seine aus Kindern vieler Länder bunt zusammengewürfelte Klasse 6b durch ein Schuljahr. Das Ganze spielt an der Georg-Büchner-Gesamtschule in Stadtallendorf bei Marburg und ist sehr berührend. Lehrer Bachmann stellt sich als Mensch zur Verfügung und geht das Wagnis von Näheverhältnissen ein. … weiter
(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von Rommel Diaz auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im GEW-MAGAZIN

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 67: Normalungetüme

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 67

 

Normalungetüme

»Wir fürchten alle, unser Leben verpfuscht zu haben.«
(Eugène Ionesco)

Bin heute am späten Vormittag mit meinem Freund A zum Alten Friedhof gegangen. Wir staunten wieder einmal über die vielen schief gewachsenen Bäume, die es hier zu sehen gibt. Was hat sie diese bizarren Formen annehmen lassen? Löcher und Höhlen boten verschiedenen Bewohnern Unterschlupf und Behausung. Es wimmelte von Eichhörnchen, und wir hatten die Taschen voller Nüsse. Die Tiere nahmen die Walnüsse aus unseren Händen entgegen. Sie griffen nach ihnen und drehten sie zwischen ihren Pfötchen, bis sie sie mit den Zähnen packen konnten. … weiter
(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 zur eigenen Seite der durchhalteprosa.de )

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von Susanne Jutzeler, Schweiz 🇨🇭 💕Thanks for Likes auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im GEW-MAGAZIN

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 66: Tünche über dem Abgrund

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 66

 

Tünche über dem Abgrund

»Die Zerstörung ist die Kreativität der Hoffnungslosen und Verkrüppelten, sie ist die Rache, die das ungelebte Leben an sich selbst nimmt.«
(Erich Fromm)

Hambacher Forst, Dannenröder Forst, das Dorf Lützerath markieren Stationen einer großen Niederlage. Wann wurde zuletzt ein Kampf gewonnen? Ich meine von den Kräften des Widerstands und des Lebens, gegen die Vernichtung der Welt. Alles geht weiter wie bisher. Im ARD-Magazin Panorama war am 12. Januar 2023 unter dem Titel Das Klima und die Reichen zu sehen, wie viel Treibhausgase eine relativ kleine Gruppe von Superreichen regelmäßig in die Atmosphäre bläst. Die Zahl der Privatjets und Yachten steigt stetig. Der Krieg in der Ukraine dient als Anlass, die längst überfälligen Maßnehmen zum Klimaschutz noch einmal zu vertagen. Die überall herrschende Spaßkultur ist nur die Tünche über dem Abgrund der Angst, von der alle heimgesucht werden und die mit wachsendem Aufwand verdrängt wird. … weiter
(Hinweis: Der Link führt seit dieser Nummer 66 zur eigenen Seite der durchhalteprosa.de )

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von F. Muhammad auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im GEW-MAGAZIN

 

1 6 7 8 9 10 60