Schulen nach Vorstellungen der AfD

Forschungsprojekt zu schulpolitischen Vorstellungen der rechtspopulistischen Partei

Ein Forschungsteam der Universität Augsburg beschäftigt sich mit den schulpolitischen Ideen und Wünschen der AfD und analysiert dafür die Themen, Strategien und Begründungen der Partei aus amtlichen Dokumenten und nichtamtlichen Quellen. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 450.000 Euro gefördert und läuft über drei Jahre.  Eine Analyse der schulpolitischen Positionen der AfD in Thüringen liegt bereits vor, auch eine Aufsatzsammlung wurde bereits veröffentlicht.

Rechtspopulistische Akteure prägen zunehmend auch schul- und bildungspolitische Debatten. Sie versuchen Lehrpläne zu gestalten, möchten zu traditionellen Geschlechternormen zurück und stellen häufig integrative, egalitäre Grundsätze in der Schulpolitik in Frage. An der Professur für Pädagogik mit Schwerpunkt Vergleichende Bildungsforschung untersucht Prof. Dr. Rita Nikolai mit weiteren Forschenden derzeit die schulpolitischen Vorschläge der Alternative für Deutschland, AfD, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene.

Im DFG-Projekt „Schulpolitische Vorstellungen der Alternative für Deutschland im Bund und in den Bundesländern“ (SAHe) analysieren Nikolai und ihr Team offizielle Dokumente wie Wahlprogramme oder Parlamentsdokumente, aber auch Beiträge in den sozialen Medien. Sie fragen ferner, welche schulpolitischen Vorstellungen zum Umgang mit Heterogenität artikuliert werden, wie die Partei ihre Positionen begründet und ob und wie sich die Argumentationen der AfD im Zeitverlauf verändert haben. „Schulpolitik spielt eine entscheidende Rolle in den Positionen der AfD. Wir denken, dass die Erziehungswissenschaft in der Verantwortung steht, über schulpolitische Positionen der Partei aufzuklären und diese kritisch einzuordnen,“ erklärt Rita Nikolai.

Der Fall Thüringen
Für das Bundesland Thüringen hat das Team bereits eine Analyse vorgelegt, die in der Online-Zeitschrift on_education. Journal for Research and Debate kürzlich erschienen ist. Die dortige AfD hat sich, so das Ergebnis, in den letzten zehn Jahren in ihren schulpolitischen Positionen eindeutig radikalisiert. So vertritt die AfD Thüringen zunehmend revisionistische Positionen zum Geschichtsunterricht und instrumentalisiert das Neutralitätsgebot. Ebenso setzt sie sich für eine starke Elitenorientierung im Schulsystem ein und lehnt geschlechtergerechte Sprache, Islamunterricht und Sexualerziehung ab. „Wir zeigen, welche demokratiegefährdenden Tendenzen sich daraus für das Schulsystem ergeben und möchten für die Bedeutung dieser Entwicklung im politischen Diskurs um Schule in Deutschland sensibilisieren.“

Verschiedene Aspekte von Rechtspopulismus und Schule – ein Themenheft von „Bildung und Erziehung“
Weitere Beiträge zum Thema hat Rita Nikolai mit Prof. Dr. Eva Matthes, Lehrstuhlinhaberin für Pädagogik an der Universität Augsburg, gesammelt und im Themenheft „Rechtspopulismus und Schule“ der Zeitschrift Bildung und Erziehung veröffentlicht. „Wir möchten mit dem Themenheft einen Diskurs über die Rolle und Verantwortung der Pädagogik in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft anstoßen“, sagt Matthes.

Die Beiträge im Heft beschäftigen sich mit verschiedenen Aspekten von Rechtspopulismus und Bildungspolitik. So geht es zum Beispiel um die Bildungsideologien rechtsextremer Akteure nach dem Zweiten Weltkrieg im internationalen Vergleich oder um die Bedeutung des Neutralitätsgebots in Schulen und die Frage, wie Lehrkräfte mit politischen Themen umgehen sollten. Ein Artikel diskutiert, wie die AfD den Begriff „Frühsexualisierung“ als Instrument verwendet, um Ängste bei Eltern zu schüren, ein anderer, wie rechtspopulistische Akteure in Deutschland, den USA und Frankeich die Gerichte nutzen, um ihre Positionen zur Sexualerziehung an Schulen durchzusetzen. Auch die Frage, wie schulpolitische Positionen rechter Christinnen und Christen in den Debatten um den Bildungsplan 2013 in Baden-Württemberg Anknüpfungspunkte zu rechtspopulistischen Narrativen bieten, findet im Themenheft Platz. Schließlich wird ein methodischer Ansatz vorgestellt, um schulpolitische Positionen rechtspopulistischer Akteure in sozialen Medien systematisch zu analysieren und so deren häufig emotionalisierende und polarisierende Kommunikation besser zu verstehen.

Weitere Informationen
>> Nikolai, Rita/Gawert, Moritz/Saur, Line (2024): The Alternative for Germany and its school policy positions. on_education. Journal for Research and Debate 7 (20). DOI: https://doi.org/10.17899/on_ed.2024.20.5

>> Matthes, Eva/Nikolai, Rita (Hrsg.) (2024): Rechtspopulismus und Schule. Themenheft der Zeitschrift Bildung und Erziehung 77 (4).


26.11.2024
Corina Härning
stv. Pressesprecherin
Universität Augsburg
www.uni-augsburg.de