Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 61: Das Geld ist queer

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 61

 

Das Geld ist queer

Rimbauds einst skandalöse Behauptung, ‚Ich ist ein anderer‘, gehört heute zur psychischen Grundausstattung des zeitgenössischen Subjekts, diesem Chamäleon multipel ausgelebter Existenzweisen.“
(Wolfram Schütte)

Nach dem durch Polizeigewalt herbeigeführten Tod von Mahsa Amini in Teheran kommt der Iran nicht zur Ruhe. Überall im Land wird gegen die Herrschaft der Mullahs und die religiöse Bevormundung demonstriert. Getragen werden die Proteste vor allem von jüngeren Frauen, die ihre Kopftücher ablegen und öffentlich verbrennen. Sie sind nicht länger bereit, sich in die ihnen zugedachte Position einer halbfeudalen oder feudalen Abhängigkeit zurückdrängen zu lassen.

Dem Iran und ähnlich verfassten Gesellschaften steht, wenn man so will, die Aufklärung noch bevor, die der Bevormundung durch die Religion ein Ende setzt und Macht und Herrschaft hinterfragbar macht, ohne dafür gesteinigt oder inhaftiert zu werden. Es sind überfällige Modernisierungsprozesse, die in solchen noch archaisch verfassten Gesellschaften in Gang kommen und die im Fall ihres Gelingens die betreffenden Gesellschaften auf die „Höhe der Zeit“ heben. … weiter

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Auch das noch! Putin verarmt und spaltet „uns“

Aber Armutsforschung und Gewerkschaften stehen dem hiesigen Fußvolk zur Seite und kümmern sich – wenn auch um sonst nichts – um den nationalen Schulterschluss

von Frank Bernhardt und Johannes Schillo

Dass es in Deutschland, nicht zu knapp, materielles Elend gibt, ist keine Kritik subversiver Außenseiter mehr, sondern spätestens, seit Rotgrün vor 20 Jahren ganz regierungsoffiziell Armuts- und Reichtumsberichte beschloss, allseits anerkanntes Sorgethema. Wer vom Lohn abhängig ist, wird im Blick auf die Wechselfälle und Härten, die das Lohnarbeiterdasein bereit hält (Krankheit, Arbeitslosigkeit, Invalidität, Altersarmut), regelmäßig begutachtet.

Deutschland kann hier mittlerweile einiges vorweisen, wie eine Bilanz noch vor Beginn des Ukrainekriegs festhielt:  … weiter


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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 49: Wahnhafte Reformideen

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 49

 

„Wahnhafte Reformideen“

„Es kann … so nicht weitergehen … wie bisher! Diese Worte wurden eher gestöhnt als gesprochen, und die Gladiolen in ihrer Vase, die ich anstarrte, verschwammen vor meinen Augen. Es geht aber so weiter, antwortete ich, jeden Tag … jede Stunde. Menschen arbeiten, Menschen gehen nach Hause, um zu essen, die Katze zu füttern, fernzusehen, zu Bett zu gehen, Marmelade zu kochen, Radios zu reparieren, ein Bad zu nehmen, es geht alles die ganze Zeit weiter – bis jeder von uns eines Tages stirbt.“
(John Berger)

Einer der widerlichsten Aspekte am Sowjetregime war die „psychiatrische Behandlung“ politischer Dissidenten. Unbequeme, unangepasste, von der Norm abweichende, oppositionelle Menschen konnten wegen „wahnhafter Reformideen“ oder „Parasitismus“ oder anderer dubioser Indikationen in die Psychiatrie eingewiesen und zwangsbehandelt werden. Das gab es freilich nicht nur in der Sowjetunion, aber dort hatte diese Praxis eine ihrer Hochburgen. … weiter

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Allianz von Kirche und Staat in Russland fördert Akzeptanz von Putins Krieg

Bericht: Westfälische Wilhelms-Universität Münster – Exzellenzcluster „Religion und Politik“

Moskau – Statue des Patriarchen

Soziologe Detlef Pollack: Identifikation mit Orthodoxie und Nationalstolz in Russland in vergangenen Jahrzehnten rasant gestiegen – Kopplung von Kirche und Staat begünstigt Unterstützung für Putin – Patriarch und Präsident geeint im Geschichtsbild und in der Ablehnung westlicher Werte – „Hochgefährliches Gefühl der Demütigung einer einstigen Großmacht“

Die enge Allianz von Kirche und Staat in Russland fördert Forschern zufolge die Akzeptanz für Putins Regime und Krieg. „Die große Nähe von Präsident und Patriarch trifft auf eine Bevölkerung, deren Religiosität in den vergangenen Jahren rasant gewachsen ist, verbunden mit gestiegenem Nationalstolz. Gemeinsame Auftritte von Putin und Kirill I. haben daher eine hohe symbolische Kraft“, sagt der Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Uni Münster. … weiter


Quelle: www.religion-und-politik.de
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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 48: Brüder der romantischen Verlierer

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 48

 

Brüder der romantischen Verlierer

„Aus der verdammten Tüchtigkeit entstehen Mordgedanken, weil der Mensch was anderes möchte als tüchtig sein, nämlich nichts als seinen Kopf in die Luft zu halten. So entsprach wenigstens ich diesem allgemeinen Wunsch“.

(Herbert Achternbusch)

In einer Geschichtsdokumentation über Burgen sah ich gestern eine gespielte Szene. Ein Diener betritt die Gemächer von Friedrich Wilhelm I. von Preußen und zeigt ihm seinen neugeborenen Sohn. Der sogenannte Soldatenkönig schenkt dem Ereignis keine besondere Aufmerksamkeit, sondern sagt lediglich: „Er soll Friedrich heißen. Bring er ihn wieder, wenn er exerzieren kann.“ Exerzieren musste ein preußischer Prinz früh lernen. In dieser kleinen Szene ist eigentlich bereits alles Weitere enthalten.

Der kleine Fritz wurde zum Opfer von Erziehungspraktiken, für die Katharina Rutschky den Begriff „schwarze Pädagogik“ geprägt hat. Der Vater wird irgendwann gewahr, dass sich der Sohn in eine Richtung entwickelt, die seinen Entwürfen für ihn zuwiderläuft: … weiter

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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 47: Kriegsfolgen

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 47

 

Kriegsfolgen

Aber man kann nur eine lebendige Gesellschaft verteidigen, und die Auflösung dieser Gesellschaft war schon zu weit fortgeschritten. Niemand glaubte mehr an irgend etwas, weil in Wahrheit nichts mehr möglich war …“
(Victor Serge)

Das, was mich bei der Lektüre von Victor Serges Buch Beruf: Revolutionär am meisten mitnimmt, ist, dass er seitenlang Menschen porträtiert, denen er während seines Aufenthaltes in der Sowjetunion begegnet ist, und jeweils am Schluss des Portraits steht: wurde 1936 oder 1937 erschossen. Und jeder dieser Erschossenen war ein Mensch. Serge schildert sie, weil er dankbar dafür war, dass sie gelebt haben und er sie kennenlernen durfte. „Der Mensch, wer auch immer er sei, und wäre er der letzte der Menschen, ‚Klassenfeind‘, Sohn oder Enkel von Bürgern, darauf pfeife ich; man darf nie vergessen, dass ein Mensch ein Mensch ist. Hier unter meinen Augen, überall, wird das jeden Tag vergessen, das ist das Empörendste, das Antisozialistischste, das es gibt.“ … weiter

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„Etz langt’s“ verurteilt russischen Angriff auf Ukraine – Zusätzliche Truppen nach Ansbach?

„Aufrüstungsspirale ist keine Lösung – europäische Friedensinitiativen Gebot der Stunde“
Interessen Moskaus und Washingtons oft nicht im Sinne unseres Kontinents

Erklärung: Bürgerinitiative (BI) „Etz langt ́s“

Erstmals seit dem Krieg gegen Jugoslawien 1999 wird in Europa wieder versucht, politische Interessen mit brutaler Waffengewalt durchzusetzen. Der Vorstand der Bürgerinitiative (BI) „Etz langt ́s“ verurteilt den russischen Angriff auf die Ukraine: „Präsident Wladimir Putin ist verantwortlich für tausendfaches Leid unter der Zivilbevölkerung.“ Gleichwohl habe Papst Franziskus mit seinen mahnenden Worten vom gestrigen Samstag Recht, wonach dieser Krieg ein grundsätzliches Versagen der Politik sei. Weiterlesen

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 46: Krieg liegt in der Luft

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 46

 

Krieg liegt in der Luft

„Das Mysterium, das wir für einen kurzen Moment auf diese Erde gesetzt und dann wieder ersetzt werden, treibt mich an. Im Grunde habe ich nie über etwas anderes geschrieben.“
(Paul Auster)

Victor Serge kommt 1919 in die junge Sowjetunion und schließt sich den Bolschewiki an, obwohl er politisch eher dem Anarchosyndikalismus zuneigt, den er in Barcelona und in Frankreich kennengelernt hatte. Wenig später trifft er Sinowjew, den Präsidenten des Petrograder Sowjets. Dieser fragt Serge nach dem Bewusstseinsstand der Massen in den westlichen Ländern. Die gerade gegründete Dritte Internationale hatte zu diesem Zeitpunkt noch ein virulentes Interesse an der Ausdehnung der Revolution auf die Zentren des Kapitalismus in Westeuropa, ohne deren Erfolg das Experiment, den Sozialismus in einem industriell kaum entwickelten Land aufzubauen, keine Chance haben würde.

Serge antwortet, „dass ungeheure Ereignisse heranreiften, aber allmählich, inmitten von Unfähigkeit und Unwissenheit, und dass, besonders in Frankreich, in absehbarer Zeit keine revolutionäre Erhebung zu erwarten sei. Sinowjew lächelte mit einer Miene wohlwollender Überlegenheit: ‚Man sieht, Sie sind kein Marxist. Der Gang der Geschichte ist unaufhaltsam.‘ “… weiter

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