Der Etikettenschwindel Mittelschule fliegt auf – ein neuer Name ist kein Konzept!
Mitteilung: GEW Bayern
Die Situation an Mittelschulen verschlechtert sich weiter, die Mittelschullehrer*innen schildern sehr schwierige Zustände. Die seit dem Schuljahr 2011/12 sukzessiv erfolgte Umbenennung von Hauptschulen in Mittelschulen hatte das Ziel, diese Schulart zu retten.
Dieses Ziel wurde verfehlt, denn es fehlte am politischen Willen dieser Schulart und den Lehrer*innen und Schüler*innen dort zu helfen. Mit der Einführung der 6-jährigen Realschule wurde bereits 2000 der Selektionsdruck weiter erhöht, Mittelschulen bluteten als Folge davon in der 5. und 6. Jahrgangsstufe und auf dem Lande noch zusätzlich wegen des Bevölkerungsrückganges aus. In den höheren Jahrgangsstufen sollen die Mittelschulen die Zurückkehrer*innen aufnehmen und fördern.
Die Mittelschule ist die einzige Schulart, die Kinder und Jugendliche, die an anderen Schularten aus welchen Gründen auch immer gescheitert sind, nicht abweisen kann. Sie ist das „Auffangbecken“ für gescheiterte Schulkarrieren geworden. Während Mittelschulen in der Jahrgangsstufe 5 oft zweizügig sind, sind sie in der 9. Jahrgangsstufe wieder mehrzügig, weil Schüler*innen mit gescheiterten Schulkarrieren aufgenommen werden müssen.
Sogenannte M-Klassen,- also Klassen, die an Mittelschulen zum „Mittleren Bildungsabschluss“ führen, haben in Klasse 7 vor allem in den Städten 12 bis 14 Kinder und müssen um ihre Existenz bangen. In den Klassen 8, 9 und 10 haben sie dann weit über 20 Jugendliche aus anderen Schularten, v. a. Gymnasien, aber auch Realschulen und Wirtschaftsschulen, und müssen oft sogar geteilt werden.
Die Jugendlichen, die nicht zum ersten Mal das Gefühl haben, wieder einmal gescheitert zu sein, sind verständlicherweise oft wenig motiviert und suchen ihre Anerkennung manchmal eher über provozierendes Verhalten als durch Lerneifer. Lehrer*innen haben hier einen schweren Stand: mit einem Minimum an personeller Ausstattung, so gut wie keine Vertretungen im Krankheitsfall, Absagen von dringend benötigten Fortbildungen (z. B. Deutsch als Zweitsprache), weil keine Vertretungen zur Verfügung stehen. Den Kolleginnen und Kollegen werden ständig neue Aufgaben aufgebürdet, ohne dass dafür die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen. Hier nur zwei Beispiele: Flüchtlingskinder und die Umsetzung der Inklusion.
Unangepasstes Verhalten von Schüler*innen wird z. T. als persönliches Versagen wahrgenommen, die Ursache wird individuumszentriert zugeschrieben und nicht als zumindest strukturell mitbedingt erklärt. Dazu kommt ein Gefühl der Minderwertigkeit und Geringschätzung durch die schlechtere Bezahlung, denn Hauptschullehrer*innen sind die einzige Gruppe an weiterführenden Schulen die in der Besoldungsgruppe A 12 eingruppiert werden, alle anderen erhalten mindestens A 13.
Fazit: Hauptschulen gibt es nur noch in wenigen Bundesländern. Die GEW-Bayern weist seit langem darauf hin, dass die Hauptschule v. a. aus den genannten Gründen nicht zu retten ist und fordert längeres gemeinsames Lernen bis zum Ende der Pflichtschulzeit. Die am Dienstag, den 10. März 2015 vom BLLV vorgelegte Studie scheint dies ebenfalls zu belegen.
PM Nr. 03 / v. 11.3.2015
Elke Hahn
GEW Bayern