GEW Bayern begrüßt den „Fachlehrer Sonderpädagogik“

Mitteilung: GEW Bayern

Seit Jahrzehnten setzt sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bayern (GEW) zusammen mit Beschäftigten für eine Aufwertung des Berufsbildes des Heilpädagogischen Förderlehrers (HFL) an Förderschulen ein. Jetzt wurde das Ergebnis einer erfolgreichen Petition präsentiert: Der Beruf der HFL wird aufgewertet, es wird das Berufsbild der Fachlehrkraft für Sonderpädagogik geschaffen.

„Das ist erstmal ein Erfolg. Wir haben lange für die Aufwertung gekämpft. In Zukunft können sich Kolleg*innen in einer zweijährigen Ausbildung zur Fachlehrkraft Sonderpädagogik qualifizieren und dann auch verbeamtet werden. Das ist für junge Kolleg*innen eine gute Option“, sagt Florian Kohl, stellvertretender Vorsitzender der GEW und selbst Sonderpädagoge.

Gestartet wird in einem zweijährigen Modellversuch. Bereits zum Schuljahr 23/24 sollen die ersten 24 Bewerber*innen im Staatsinstitut in Mittelfranken die Ausbildung beginnen. Voraussetzungen sind eine abgeschlossene Berufsausbildung als Erzieher*in, Heilpädagog*in, Heilerziehungspfleger*in, eine dreijährige Tätigkeit an einer Förderschule und eine erfolgreiche Eignungsprüfung. „Wir kennen noch keine genaueren Details zu den Ausbildungsinhalten. Ich bin mir sicher, dass diese Möglichkeit von vielen Kolleg*innen angenommen wird und glaube, dass die Kapazitäten schnell erreicht werden. Sie sind meiner Meinung nach eher schon zu knapp bemessen“, meint Florian Kohl.

Aber die Sache hat auch einen Haken. Claudia Kränzlein, Sprecherin der Petition, zeigte sich nach der Ausschusssitzung sichtlich enttäuscht: „Für die Kollegen*innen, die schon seit vielen Jahren eine engagierte Arbeit als HFL leisten, ist dies ein Schlag ins Gesicht. Denn für die meisten kommt eine weitere Ausbildung nicht in Frage und ist ihnen auch nicht mehr zuzumuten. Viele können auch nicht mehr verbeamtet werden. Für sie gibt es jetzt nichts. Wir hatten eine Lösung gefordert, die alle Kolleg*innen wertschätzt und finanziell besserstellt, denn das ist dringend notwendig. Zukünftig sollen dann erfahrene und schlechter bezahlte HFL junge Fachlehrkräfte Sonderpädagogik anleiten, die bereits verbeamtet sind? Es ist offensichtlich, dass der politische Wille – insbesondere vom CSU-geführten Finanzministerium – nicht ausreichend vorhanden war, um nach einem gerechten Lösungsweg zu suchen und einen Ausgleich für die unterschiedlich hohen Einkommen zu finden.“

„Es ist unerträglich, dass die Ministerien hier eine komplette Berufsgruppe im Stich lassen. Die Beschäftigten vor Ort sind wütend. Man kann ihnen das auch nicht mehr vermitteln. Das ist eine nicht hinnehmbare Situation, und ich fordere das Kultus- und das Finanzministerium auf, eine Lösung zu finden. Wir werden uns weiter für die Kolleg*innen einsetzen“, betont Florian Kohl.

Hintergrundinformationen
Die Heilpädagogischen Förderlehrer*innen sind ausgebildete Erzieher*innen oder Heilerziehungspfleger*innen, aber auch Heilpädagog*innen. Nach einer zweijährigen berufsbegleitenden, staatlich organisierten Zusatzausbildung arbeiten sie als Heilpädagogische Förderlehrer*innen in Förderschulen, Schulvorbereitenden Einrichtungen, Mobilen Sonderpädagogischen Hilfen oder Mobilen Sonderpädagogischen Diensten. Sie sind bestens und hoch spezialisiert ausgebildet und verknüpfen Heilpädagogik mit Unterrichtsgestaltung. Sie arbeiten eng mit den Sonderpädagog*innen an Förderschulen zusammen und gestalten eigenständig den Unterricht.

Verglichen mit der Bezahlung der Berufsgruppen, aus denen sie kommen, ist die Vergütung nicht attraktiv, sie verdienen nach höherer Qualifikation weniger. So verdient ein*e Erzieher*in in der Tätigkeit mit Kindern mit Integrationsbedarf in außerschulischen Einrichtungen deutlich mehr. Dazu kommt noch, dass viele Träger den für diese Gruppe inzwischen deutlich besseren Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes für Bund und Kommunen anwenden (TVöD), nicht den Tarifvertrag der Länder (TV-L), der an Bayerns Schule für Angestellte gilt. Verglichen mit anderen Lehrkräften sind Heilpädagogische Förderlehrer*innen am unteren Ende der Einkommensskala. Man könnte zugespitzt sagen: „Wie Lehrer*innen, nur billiger.“ Auch die nun kommende Berufsgruppe der Fachlehrer wird in Relation zu anderen Lehrkräften unterbezahlt, dennoch ist die Besoldung als Fachlehrkraft besser als die Vergütung der HFL.

Eine Umfrage (https://www.gew-bayern.de/presse/detailseite/die-belastungen-nehmen-zu) aus dem Jahr 2021 belegt die hohen und ständig steigenden Anforderungen an die Berufsgruppe der HFL. Dort wurde auch der große Wunsch nach mehr Wertschätzung deutlich geäußert. Die Aufwertung des Berufsbildes durch eine künftige Ausbildung an einem Staatsinstitut mit der Möglichkeit der Verbeamtung erbringt deutliche materielle Verbesserungen und auch überfällige Anerkennung. Die angestellten, also nicht verbeamteten Fachlehrkräfte werden wie die meisten angestellten Lehrkräfte künftig aber deutlich geringer entlohnt, es gibt im Grunde keine Verbesserung. Ob es angestellte Fachlehrkräfte geben wird, ist noch unklar. Die GEW fordert seit Jahren wirkliche Paralleltabellen, so dass bspw. die Besoldung A10 für Fachlehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen auch der E10 für Angestellte entsprechen würde. Derzeit gilt die EG9b.


27.4.2023
GEW Bayern
www.gew-bayern.de


siehe dazu auch die Mitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus

Neue Ausbildung zur Fachlehrkraft Sonderpädagogik startet – Verbeamtung mit einjährigem Vorbereitungsdienst möglich
Ab dem nächsten Schuljahr bietet Bayern eine neue zweijährige Ausbildung zur Fachlehrkraft Sonderpädagogik an. Sie besteht aus einem Jahr Vorbereitungsdienst am Staatsinstitut in Mittelfranken, danach schließt ein Dienstjahr im Beamtenverhältnis auf Probe an, in dem die Teilnehmer engmaschig begleitet werden.

„Mit dem neuen Ausbildungsangebot entwickeln wir die Qualifizierung von Heilpädagogischen Unterrichtshilfen und Heilpädagogischen Förderlehrern weiter und bieten den Beschäftigten an Förderschulen attraktive Aufstiegsmöglichkeiten. Die neuen Fachlehrkräfte Sonderpädagogik unterrichten eigenverantwortlich und übernehmen weitere schulische Aufgaben – wie etwa das Führen von Beratungsgesprächen. Damit leisten sie einen wesentlichen Beitrag zu Unterricht und Förderung. Das kommt den Schülerinnen und Schülern zugute, die noch besser individuell und differenziert betreut werden können“, betont Kultusminister Michael Piazolo.

Die neue Ausbildung richtet sich an Erzieher, Heilpädagogen und Heilerziehungspfleger, die mindestens drei Jahre in einem Förderzentrum in Bayern gearbeitet und eine Eignungsprüfung erfolgreich abgelegt haben. Die Qualifizierung startet zunächst für die Schuljahre 2023/2024 und 2024/2025 für rund 24 Bewerberinnen und Bewerber pro Ausbildungsjahr.

Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung können die neuen Fachlehrkräfte Sonderpädagogik zum Beispiel gemeinsam mit einer Lehrkraft für Sonderpädagogik im Unterricht eingesetzt werden, einzelne Fächer des Lehrplans am Förderzentrum oder auch Differenzierungsangebote und Teilbereiche der Diagnostik übernehmen sowie Beratungsgespräche durchführen.


25.4.2023
Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus
www.km.bayern.de

 

Ein Kommentar

  • Erika Sattich

    Wir, als hfl’er erledigen seit Jahren die Arbeit in der Schule, als ständige Vertretungslehrer, haben eigenverantwortlichen Unterricht, mit Vor- und Nachbereitung.
    Und das mit einer hohen Stundenzahl und ohne finanzielle Chance, mehr zu verdienen. Wir, mit über 45 Jahren, sind die „Deppen“, da wir ja für diese kommende Ausbildung mit Verbeamtung keine Möglichkeit mehr haben.

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