„Kindgerechte Kita-Qualität in weiter Ferne, trotz Gute-Kita-Gesetz!“
In Bayern fehlen 11.800 Kita-Stellen. Die Bildungsgewerkschaft GEW kommentiert die Ergebnisse und fordert mehr Anstrengungen für Qualität
Mitteilung: GEW Bayern
München – Trotz gestiegener Personalzahlen ist die Betreuungssituation in den Kitas in Bayern noch immer nicht kindgerecht und stellt eine hohe Arbeitsbelastung für die Fachkräfte dar. Zu diesen Ergebnissen kommt das diesjährige Ländermonitoring „frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung. Die Bayerische Bildungsgewerkschaft GEW schlägt Alarm!„Von den wissenschaftlich geforderten Standards für frühkindliche Bildung in Bezug auf Personalschlüssel ist Bayern trotz einer leichten Verbesserung nach wie vor deutlich entfernt“, kommentiert Anton Salzbrunn, Landesvorsitzender der GEW Bayern, die Zahlen. Hinzu komme ein großes regionales Gefälle von z.B. 5,6 von einer pädagogischen Vollzeitkraft zu betreuenden Krippenkindern im Landkreis Regen bis zu 2,3 Krippenkindern in Straubing. Wissenschaftlich gefordert seien 1:3. Im Kindergarten betrage das Gefälle von 1:7,4 in Weilheim-Schongau bis zu 1:11,4 in Kulmbach. „Eine Erzieherin in Kulmbach hat damit vier Kinder mehr zu betreuen und das ist auch sehr weit weg von den wissenschaftlich geforderten 7,5 Kindern“, betont Salzbrunn.
Der Personalschlüssel ist ein zentrales strukturelles Qualitätsmerkmal von Kitas. Zudem sieht das Betreuungsverhältnis im Kita-Alltag immer ungünstiger aus, da nicht die gesamte Arbeitszeit für die Betreuung der Kinder zur Verfügung steht. Dies alles wird abgebildet in der sogenannten „Fachkraft-Kind-Relation“. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert daher die verbindliche Erfassung und Festschreibung einer Fachkraft-Kind-Relation im Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz für alle Kindertageseinrichtungen, gerade auch um „Bildungschancen nicht von der Postleitzahl abhängig zu machen“, wie Salzbrunn zuspitzt.
Die GEW kritisiert, dass angesichts dieser Zahlen die zusätzlichen Mittel aus dem Gute-Kita-Gesetz von Ministerin Giffey nicht komplett in die Qualitätsverbesserung investiert werden. Denn der Fachkräftebedarf wird weiter steigen. „Für eine gute Qualität brauchen wir mehr pädagogische Fachkräfte. Die findet man aber nicht auf der Straße“, so Salzbrunn. Nur eine deutlich bessere Bezahlung der Fachkräfte und attraktivere Arbeitsbedingungen, die gerade auch durch mehr Personal für wirkliche Bildung geschaffen würden, seien in der Lage, dem Fachkräftemangel und der Abwanderung aus dem Beruf entgegenzuwirken. „Langfristig sind wissenschaftlich begründete Fachkraft-Kind-Relationen der Schlüssel für gerechte Bildungschancen und um mehr Menschen für die Arbeit im herausfordernden Kita-Alltag zu gewinnen“, führt Anton Salzbrunn weiter aus.
Weitere Bausteine seien eine kostenfreie Ausbildung, eine angemessene Ausbildungsvergütung sowie eine Renten- und Sozialversicherungspflicht für alle Ausbildungsgänge. Zudem sollten die derzeit entstehenden unterschiedlichen Wege in den Beruf – beispielsweise für Quereinsteiger – keine Absenkung des bisherigen formalen Qualifikationsniveaus nach sich ziehen. Dieser Weg würde in Bayern aber gerne beschritten. „Schnellkurse sind eine fatale Entwicklung, sie führen zu einer Mehrbelastung der wirklichen Fachkräfte und vermitteln das Bild, die Arbeit sei nicht wirklich eine Profession, für die es eine hochwertige Ausbildung braucht,“ berichtet Gabriele Albrecht-Thum, Gewerkschaftssekretärin bei der GEW.
Besonders gravierend sind die Zahlen der Bertelsmann-Stiftung in Bezug auf eine angemessene Leitungsausstattung: Allein in diesem Bereich fehlen 281 Mio. pro Jahr für einen Bedarf von 4626 Stellen. Immerhin wird ein Teil der Mittel aus dem Gute-Kita-Gesetz hier eingesetzt werden, so die bisher bekannt gewordenen Pläne des Ministeriums.
27.9.2019
Anton Salzbrunn
Landesvorsitzender GEW Bayern
www.gew-bayern.de