GEW: „Wissenschaftsfreiheit im Europäischen Hochschulraum schützen“
Bildungsgewerkschaft zur Konferenz der europäischen Wissenschaftsministerinnen und -minister
Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) aufgefordert, sich für Schutz und Stärkung der Wissenschaftsfreiheit im Europäischen Hochschulraum einzusetzen. „Wenn sich die europäischen Wissenschaftsministerinnen und -minister am 19. November mit dem Rom-Kommunikee für die Wissenschaftsfreiheit einsetzen werden, darf das kein Lippenbekenntnis bleiben. Zu Recht zählt das Kommunikee die Freiheit von Lehre, Forschung und Studium, die Hochschulautonomie, die akademische Selbstverwaltung und die Mitbestimmung von Studierenden und Hochschulbeschäftigten zum Kern der Grundwerte des Europäischen Hochschulraums. Diese müssen alle 49 Unterzeichnerstaaten des Kommunikees anerkennen und umsetzen – auch die Türkei, Ungarn und Weißrussland“, sagte Andreas Keller, stellvertretender GEW-Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, am Mittwoch in Frankfurt am Main. Als Vizepräsident der Dachorganisation der europäischen Bildungsgewerkschaften EI/ETUCE wird Keller morgen an der Online-Ministerkonferenz teilnehmen und sprechen.
„In der Türkei wurden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entlassen und ins Gefängnis gesperrt, weil sie einen Friedensappell unterzeichneten. In Ungarn wurden Gender-Studies per Regierungsdekret aus dem Lehrangebot der Hochschulen gestrichen. In Weißrussland werden Studierende und Lehrende verfolgt, weil sie die Legitimität der Präsidentschaftswahl hinterfragen. Ministerin Karliczek muss diese Vorfälle zur Sprache bringen und Druck auf ihre Amtskollegen ausüben“, mahnte Keller.
Darüber hinaus setzte er sich für bessere Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Lehrenden im Europäischen Hochschulraum ein. „Nicht nur in Deutschland, auch in vielen anderen Ländern ist ein Trend zu immer mehr Zeitverträgen und unsicheren Karrierewegen in der Wissenschaft zu beklagen. Die Coronakrise setzt die Dozentinnen und Dozenten zusätzlich unter Druck: Für die Umstellung der Lehre auf den Online-Betrieb fehlt es häufig an einer leistungsfähigen IT-Infrastruktur sowie technischer und didaktischer Unterstützung. Die Ministerinnen und Minister müssen endlich begreifen: Gute Bildung und gute Lehre sind zwei Seiten einer Medaille; gute Lehre gibt es nicht ohne gute Bedingungen für die Arbeit der Lehrenden“, betonte der GEW-Vize.
Info: Die Konferenz der europäischen Wissenschaftsministerinnen und -minister sollte ursprünglich in Rom stattfinden und wurde aufgrund der Coronapandemie in ein Online-Format umgewandelt. Es handelt sich um die 10. Folgekonferenz nach der Bologna-Konferenz 1999. Weitere Informationen und Livestream unter: https://ehea2020rome.it
Das European Education Committee for Education (ETUCE) ist die europäische Region von Education International (EI), der weltweiten Dachorganisation der Bildungsgewerkschaften. EI/ETUCE repräsentiert elf Millionen Mitglieder von 127 Gewerkschaften in 51 Ländern in ganz Europa und ist beratendes Mitglied des Europäischen Hochschulraums. EI/ETUCE im Internet: https://www.csee-etuce.org/en/
18.11.2020
Ulf Rödde
Pressesprecher
GEW-Hauptvorstand
www.gew.de