Einigung im Tarifstreit – Weiterer Schritt zur Aufwertung im Sozial- und Erziehungsdienst

Mitteilung: GEW Bayern

Gewerkschaften und kommunaler Arbeitgeberverband haben sich nach drei Verhandlungsrunden am späten Mittwochabend geeinigt. Die Gewerkschaften konnten Zulagen zum Gehalt sowie Entlastungstage für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst durchsetzen.

Nach mehreren Warnstreiks, auch in Bayern, und zähen Verhandlungen haben sich Gewerkschaften und Arbeitgeber auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) geeinigt. Kern der Einigung ist eine langfristige finanzielle Aufwertung durch verkürzte Stufenlaufzeiten und monatliche Zulagen für viele Beschäftigte. Außerdem ist den Gewerkschaften der Einstieg in die Entlastung der Beschäftigten durch zusätzliche feste und wählbare freie Tage gelungen. Auch die Behindertenhilfe wurde berücksichtigt. Es gibt nun eine Wohnzulage für Beschäftigte in den Wohnheimen sowie eine Vergütung für Praxisanleitung.

„Auch wenn sich die Beschäftigten mehr gewünscht hatten, ist das Ergebnis angesichts der anfänglichen Blockadehaltung der Arbeitgeber besser als erwartet und konnte nur durch die eindrucksvollen Streiks erreicht werden“, so die bayerische GEW-Vorsitzende Martina Borgendale. „Offensichtlich haben die kommunalen Arbeitgeber anders als 2015 die Warnungen der letzten Streiktage verstanden“ ergänzt Anton Salzbrunn, bayerischer GEW-Tarifexperte.

Die GEW Bayern schließt sich der Mahnung des GEW-Tarifchefs Daniel Merbitz an, dass die zusätzlichen Entlastungstage nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden dürfen. Die GEW nimmt die Arbeitgeber in die Pflicht, die Bekämpfung des Fachkräfte-mangels nun entschlossen in Angriff zu nehmen: „Ohne mehr Personal geht es nicht! Die Arbeitgeber müssen umgehend ein Konzept zur Personalgewinnung entwickeln“, so der Tarifchef. Auch die Ost-Regelung zur Vorbereitungszeit wird kritisch gesehen. Eine separate Regelung passe nach über 30 Jahren Wiedervereinigung nicht in die Zeit – zumal sie nur den gesetzlichen Status quo festschreibe.

Für die DGB-Gewerkschaften und den Deutschen Beamtenbund (dbb) führte ver.di die Verhandlungen.

Der Abschluss im Überblick

  • Einstieg in die Entlastung erreicht: 2+2 Erholungstage pro Jahr (zwei feste und zwei wählbare Tage)
  • Aufwertung erreicht: 130,00 Euro Zulage monatlich für Erziehungsberufe (Gehaltsgruppen S 2 bis S 11a)
  • Aufwertung erreicht: 180,00 Euro für Sozialarbeiter:innen (Gehaltsgruppen S 11b bis S 12 sowie S 14 und S 15, Fallgruppe 6)
  • Berufserfahrung lohnt sich nun schneller: Verkürzung der Stufenlaufzeiten ab 1. Oktober 2024
  • Mehr Zeit für pädagogische Arbeit.

Die Einigung sieht im Detail vor, dass die Beschäftigten pro Jahr zwei zusätzliche freie Tage als Entlastungstage erhalten. Zudem haben sie die Möglichkeit, einen Teil ihrer monatlichen Zulage pro Jahr in maximal zwei weitere Entlastungstage umzuwandeln. Der Abschluss wirkt unmittelbar für alle Beschäftigten, für die der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen (TVöD) mit der Gehaltstabelle für den Sozial- und Erziehungsdienst (S-Tabelle) gilt.

Neben der Entlastung spielt in dem Verhandlungsergebnis auch die Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst eine zentrale Rolle. So bekommen die Beschäftigten in Erziehungsberufen, wie Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen und Beschäftigte in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die in den Entgeltgruppen S 2 bis S 11a eingruppiert sind, ab dem 1. Juli 2022 eine Zulage von monatlich 130 Euro. Sozialarbeiter*innen, Sozialpädagog*innen in den Entgeltgruppen S 11b bis S 12 sowie S 14 und S 15 (Fallgruppe 6) erhalten 180 Euro monatliche Zulage.

Eine wichtige Forderung wird endlich erfüllt

Künftig rücken die Beschäftigten schneller in höhere Entgeltstufen auf. Die Stufenlaufzeiten der Berufe des Sozial- und Erziehungsdienstes in der S-Tabelle werden ab Oktober 2024 den teilweise kürzeren Laufzeiten im TVöD angeglichen. Daneben wurden für verschiedene Tätigkeiten Merkmale ergänzt, die zu einer höheren Eingruppierung führen können, zum Beispiel für Sozialarbeiter*innen, Sozialpädagog*innen sowie Heilpädagog*innen, Kinderpfleger*innen und Sozialassistent*innen.

Geschichte der Kita-Streiks

2009 und 2015 haben die Beschäftigten des kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes gemeinsam mit der GEW und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die mit Vollmacht der GEW die Verhandlungen führt, wichtige Schritte zur Aufwertung ihrer Profession erreicht. Um die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), die in den Verhandlungen die Arbeitgeber vertritt, zu einem Abschluss zu bewegen, waren jeweils massive wochenlange Streiks nötig. Alle Verbesserungen mussten von den Kolleg*innen, die sich in großer Zahl an den beeindruckenden Streiks beteiligten, hart erkämpft werden. Und es war klar: Weitere Schritte zur Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe müssen folgen.

Die Gewerkschaften hatten sich gut vorbereitet, um im Jahr 2020 den nächsten Schritt zu gehen. Doch die Corona-Pandemie machte diese Planungen zunichte: Nach einem kurzen Auftaktgespräch am 5. März 2020 mussten die Verhandlungen wegen des ersten Lockdowns auf unbestimmte Zeit vertagt werden. Die Pandemie dauerte noch an, doch die Gewerkschaften wollten dieses wichtige Thema nicht länger hinausschieben und forderten die VKA im Herbst 2021 erneut zu Verhandlungen auf, die nach der dritten Runde am 18. Mai 2022 beendet worden sind.

Nächste Tarifrunde bereits im Januar 2023

Diese Tarifverhandlung fand außerhalb der regelmäßig etwa alle zwei Jahre stattfindenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen statt und betraf nur Beschäftigte, die in der Tabelle des Sozial- und Erziehungsdienstes eingruppiert sind – die sogenannte S-Tabelle im TVöD. Dabei ging es um die Struktur dieser Gehaltstabelle und nicht um eine der regelmäßigen Gehaltsrunden. Die jetzt erzielte Einigung hat eine Laufzeit von fünf Jahren bis zum 31. Dezember 2026.

Im Januar 2023 stehen aber schon die nächsten Tarifverhandlungen für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen vor Tür – und damit die nächste Gelegenheit, gemeinsam für mehr Gehalt zu kämpfen.


19.5.2022
Martina Borgendale, Vorsitzende
Anton Salzbrunn, Tarifexperte der GEW Bayern
GEW Bayern
www.gew-bayern.de

 

 

 

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