Bei digitaler Ausstattung, Ausbildungsqualität und hohen Mieten: Ausbildungsreport 2023 der DGB-Jugend Bayern zeigt Mängel auf.

Gmeiner: „Eine gute digitale Ausstattung darf weder an den finanziellen Möglichkeiten noch am mangelnden Wissen oder Interesse der Schulleitungen und Lehrkräfte scheitern.“

Schlechte digitale Ausstattung in der Berufsschule, mangelnde Erreichbarkeit der Ausbilder*innen im Betrieb und zu hohe Kosten für Miete oder Mobilität. Dies sind einige der Missstände im bayerischen Ausbildungssystem, das der Ausbildungsreport 2023 der DGB-Jugend Bayern aufzeigt. Der Ausbildungsreport – in diesem Jahr mit einem Schwerpunkt auf moderner Ausbildung – wurde zum insgesamt zehnten Mal veröffentlicht. Insgesamt wurden dafür zwischen September 2022 und Frühjahr 2023 knapp 1.400 Auszubildende befragt.

Die fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt beeinflusst in zunehmendem Maß auch die berufliche Ausbildung. Berufsbilder und Tätigkeitsprofile verändern sich, andererseits bietet die Digitalisierung enorme Chancen zur Weiterentwicklung der Ausbildung, etwa durch die Nutzung von Lernplattformen und Lernprogrammen. Der Schwerpunkt der Befragung war in diesem Jahr daher die moderne Ausbildung. Die Ergebnisse sind ernüchternd: So sieht sich nur gut die Hälfte der befragten Auszubildenden durch ihre Ausbildung im Betrieb gut auf die Anforderungen der Digitalisierung in ihrem künftigen Beruf vorbereitet. Noch kritischer wird der Stand der Digitalisierung bei der digitalen Ausstattung der Berufsschulen bewertet: rund 37 Prozent der Befragten bewerten sie schlecht. Anna Gmeiner, Bezirksjugendsekretärin des DGB Bayern sieht hier vor allem die Bayerische Staatsregierung in der Pflicht: „Wir sind mit unserer Berufsschultour bayernweit viel unterwegs und sehen wirklich viele Berufsschulen. Wir können aus dieser Erfahrung berichten, dass die Unterschiede zwischen einzelnen Schulen enorm sind. Für uns ist klar: eine gute digitale Ausstattung darf weder an den finanziellen Möglichkeiten noch am mangelnden Wissen oder Interesse der Schulleitungen und Lehrkräfte scheitern!“

Neben dem jeweiligen Schwerpunktthema wird beim Ausbildungsreport jährlich auch die allgemeine Ausbildungszufriedenheit abgefragt, hier kann daher die Entwicklung gemessen werden: 73 Prozent der Befragten sind mit ihrer Ausbildung zufrieden, dies stellt den niedrigsten Wert seit Bestehen des Azubireports dar. Besonders bedenklich ist, dass bei den Befragten im dritten Lehrjahr nur etwa die Hälfte (51%) ihren Betrieb weiterempfehlen würde, während es im ersten Lehrjahr noch zwei Drittel waren (66/%). Doch der Report zeigt auch, was Betriebe tun können, damit sich die Zufriedenheit erhöht: „Rund 80 Prozent der Auszubildenden, denen am Ausbildungsplatz immer ein*e Ausbilder*in zur Verfügung steht, würden die Ausbildung im eigenen Betrieb weiterempfehlen. Und was mir als Gewerkschafterin besonders wichtig ist: Von den befragten Auszubildenden in Bayern, in deren Betrieb es eine betriebliche Interessenvertretung gibt, gaben rund 79 Prozent an, mit ihrer Ausbildung zufrieden zu sein. Bei den Auszubildenden in Betrieben ohne Interessenvertretung waren dies nur 67 Prozent. Eine gute Interessenvertretung und eine aktive Mitbestimmung machen also einen Unterschied,“ so Gmeiner.

Angesichts des allseits immer wieder beklagten Fachkräftemangels appelliert der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl an die Arbeitgeber, auch in die Ausbildungsqualität zu investieren. Es reiche nicht nur, auf unbesetzte Ausbildungsplätze hinzuweisen: „Welche Ausbildungsstellen sind es denn, die nicht besetzt werden? Aktuell sind das zum Beispiel Einzelhandelskaufmann, Verkäuferin, Fachkraft Lagerlogistik, Köchin oder Fachverkäufer für Bäckerei und Metzgerei. Das sind alles Berufe, die von den Auszubildenden in unseren Reporten Jahr für Jahr aufs Neue mit am schlechtesten bewertet werden. Schlechte Ausbildungsbedingungen, viele Überstunden, wenig Wertschätzung. Da muss sich niemand wundern, dass diese Ausbildungsberufe nicht begehrt sind. Wenn die Unternehmen nach Fachkräften suchen, dann müssen sie dafür auch etwas tun.“

Auf den ersten Blick wirkt der bayerische Ausbildungsmarkt solide und scheint gute Perspektiven für junge Menschen zu bieten. So standen 58.900 Bewerber*innen insgesamt 100.790 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Das sind allerdings immer noch nahezu 9.000 Ausbildungsplätze weniger als in den Vor-Pandemie-Jahren. Für den DGB Bayern und seine Jugendorganisation ist deshalb eine Ausbildungsgarantie überfällig. „Diese muss solidarisch finanziert sein, durch einen umlagefinanzierten Zukunftsfonds. Jeder junge Mensch hat das Recht auf Ausbildung und Arbeit, nicht auf irgendeinen Job im Niedriglohnbereich, nicht auf irgendeinen Job in der Leiharbeit, sondern auf einen sicheren und guten Arbeitsplatz. Ein Sozialstaat, der nicht willens ist, für seine Kinder und Jugendlichen vernünftige Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse zu schaffen, hat seinen Namen nicht verdient,“ so Stiedl abschließend.

Hintergrund:
Der jährliche Ausbildungsreport für Bayern liefert Zahlen und Fakten für eine Debatte zur Ausbildungsqualität und weist darüber hinaus auf erhebliche Missstände in der Ausbildung hin. Für diese repräsentative Studie wurden im Zeitraum von September 2022 bis Frühjahr 2023 1.395 Auszubildende befragt.

Ausbildungsreport Bayern 2023 downloaden
Factsheet des Ausbildungsreports downloaden


6.12.2023
DGB Bayern
bayern.dgb.de

 

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