Hartz IV-Regelsätze: Der Schein trügt

Stellungnahme: DGB

Zu Medienberichten über eine Erhöhung von Hartz IV stellt der DGB fest, dass das Arbeitsministerium lediglich die ohnehin geplante Fortschreibung der Regelsätze bis 2021 vorgenommen hat. Die bisher bekannt gewordenen Sätze beruhen auf einer Statistik aus dem Jahr 2018, die entsprechend nur auf das Datum 1.1.2020 fortgeschrieben wurden. Da nun Daten zur aktuellen Preis- und Lohnentwicklung vorliegen, erfolgt die Fortschreibung der Sätze zum 1.1.2021, dem Tag, ab dem die Regelsätze gelten sollen. Dazu sagte Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied, am Dienstag in Berlin:

„Der schöne Schein angehobener Regelsätze trügt. Das Arbeitsministerium hat in Wahrheit nicht nachgebessert, sondern lediglich einen gesetzlich vorgeschriebenen Rechenschritt nachgeholt, um die Regelsätze bis 2021 fortzuschreiben. Es wäre unredlich und zynisch, diese Fortschreibung den Ärmsten der Gesellschaft als Erhöhung zu verkaufen und ihnen ein X für ein U vorzumachen.

Das Grundübel der Regelsatz-Herleitung bleibt unverändert: Das Wenige, was die einkommensschwächsten 15 Prozent der Haushalte laut Statistik ausgeben können, wird mit dem Existenzminimum gleichgesetzt. Dabei ist diese Vergleichsgruppe Welten von einem normalen Lebensstandard wie in der Mitte der Gesellschaft entfernt. So wird Armut nicht bekämpft, sondern zementiert. Auch mit dem neuen Betrag von 446 Euro für alleinstehende Erwachsene bleibt es dabei: Das Hartz-IV-Leistungsniveau liegt unterhalb der offiziellen Armutsgrenze.

Die Sinnhaftigkeit der extremen Unterschiede bei der Anpassung der Sätze für Kinder und Jugendliche ist nicht zu erklären. Niemand, der Kinder hat, kann nachvollziehen, warum die notwendigen Ausgaben für ein Vorschulkind um 33 Euro gestiegen, die Kosten für ein Kind ab sechs Jahren aber nahezu unverändert geblieben sein sollen. Vielmehr belegen genau diese unerklärlichen Unterschiede die schlechte Qualität der zugrunde liegenden Statistik. Weil viel zu wenig Fälle betrachtet werden, schlagen hier Zufälle durch, die überhaupt nicht aussagekräftig sind. So beruht die Berechnung des Regelsatzes für Jugendliche beispielweise für die Kosten eines Fahrrads auf den Angaben von nur 14 Haushalten.

Wir bleiben bei unser Forderung: Die Abgeordneten des Bundestags und des Bundesrats müssen im Gesetzgebungsverfahren deutlich nachbessern, sonst bleibt soziale Teilhabe für alle ein uneingelöstes Versprechen. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und des Anstands.“


08.09.2020
Deutscher Gewerkschaftsbund
www.dgb.de

 

 

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