Söder, Söder, wer bist Du? Willst spielen mit uns „Blinde Kuh“?
Der Kommentar zum Zeitgeschehen
von Jürgen Scherer
Die Bayern sind ja schon ein recht eigenwilliger „Volksstamm“. Sie werden eigentlich noch heute von „Ihrem Kini“ regiert, dem königlich-bairischen Träumer des 19. Jahrhunderts. So ist es nicht verwunderlich, dass jeder „demokratisch gekürte“ Nachfolger desselben sich an ihm messen lassen muss: Hat er Visionen, tanzt er auch schon mal aus der Reihe, kann er überraschen, liebt er das Leben, bewahrt er die Tradition? Wenn dann auch noch die urbairische Auszeichnung „A Hund is er scho!“ dazukommt, ist er ohne „Wenn und Aber“ geeignet fürs „Königlich Bairische Amtsgericht“, auf neudeutsch: Die Staatsregierung.
Von dort aus wird´s dann gerichtet. Immer unter der nicht weniger neudeutschen Maxime „Bayern First“. Die gilt nicht nur fürs Land, nein sie erstreckt sich auch auf den Weltraum. Die bayrische Duftnote muss überall dabei sein. Und da wären wir auch schon beim Protagonisten dieses Artikels „Maggus Söder“, „Unserm Maggus“, wie er liebevoll ironisch sarkastisch verehrend genannt wird.
Es war ein recht weiter Weg, den der Franke, eigentlich aus einem eher „verachtenswerten Unterstämmchen des Bayernlandes“, gehen musste, bis er zum heutigen „Pater Patriae“ (als der er jedes Jahr beim Bockbieranstich geehrt wird) aufgestiegen war. Viele Kotaus musste er machen, eine Unmenge an Bloßstellung, Verachtung und Demütigungen über sich ergehen lassen, quasi das Fegefeuer der bayrischen Politniederungen durchwaten, um sein Ziel zu erreichen: Wenigstens annähernd so groß zu werden wie der selige Franz-Josef, dessen Konterfei er schon als Schüler im Posterformat über seiner Dachschräge hängen hatte (was seine Liebschaften immer wieder verwirrte, wenn sie nach einer heißen Nacht mit „Maggus“, morgens beim Öffnen der Augen, diesem Übervater der Bayern in dieselben blicken mussten). Nur wer diese Nagelprobe bestand, konnte auf „Maggus`“ Liebe zählen. So war er halt schon immer der „Maggus“: Zielstrebig mit einem Schuss kotauscher Ironie.
In den Strauß`chen Fußstapfen sonnt er sich mit großer Vorliebe. Das zelebriert er tagtäglich. Erst vor kurzem folgte er der Einladung des Stellvertreters des derzeitigen „Großen Vorsitzenden“ und reiste mit einer Bayerndelegation nach China wie weiland FJS, der allerdings zu Mao. Nun war dies keine reine „L`art pour l´art Reise“, denn immerhin ist China für Bayern der weltweit wichtigste Handelspartner (man denke nur an Siemens und BMW). Man mag es eine Ironie der Geschichte nennen, aber das deutsche Kriegsschiff, das vor zwei Jahren im Rahmen der neuen deutschen Welt(kriegerei)politik im Südchinesischen Meer kreuzte, war die „Fregatte Bayern“. Kein Wunder also, dass Söder sich, für seine Delegation, die er nach China brachte, „Begleitschutz“ nannte. Die Chinesen begegneten diesen Irritationen ganz pragmatisch mit einer Charmeoffensive und schenkten ihm zum Kuscheln ein Pandabärlein aus Stoff, was er mit der ihm eigenen Softpower quittierte, indem er das Tierchen öffentlichkeitswirksam abknutschte. Ach, unser aller „Maggus“!
Wie sehr er das Doppelbödige beherrscht, zeigte sich auch innenpolitisch im Rahmen der Taurusdiskussion. Da machte er anlässlich eines Besuches der Taurusproduktionstätte in Bayern unmissverständlich klar, und zwar auch um der Arbeitsplätze willen, dass er die Zögerlichkeit des Kanzlers überhaupt nicht billigen könne. Ginge es nach ihm, würden Taurusmarschflugkörper umgehend an die Ukraine geliefert. Mit Verve reihte er sich ein in die bellizistische CDU/CSU – Riege um Merz, Kiesewetter und Co. und verbreitete so die permanent brachiale Politikbotschaft der Regierenden unserer Tage: Wir müssen alles tun, um den „neualten Erzfeind“ Russland zu besiegen. Dazu gehört dann auch, um Söders Chinaäußerung aufzugreifen, „Begleitschutz“, und zwar mit höchstem Risiko. Auch dem der direkten Konfrontation mit Russland und den damit nicht absehbaren Folgen für unser Land.
Jürgen Scherer ist ehemaliger Lehrer für Geschichte und Politik an einer hessischen Gesamtschule und GEW-Mitglied. Er schrieb früher für das Magazin Auswege, jetzt für seinen Nachfolger – das GEW-MAGAZIN.
Bild von Stefan Schweihofer auf Pixabay