Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Europawahl 2024

Gute Arbeit – besser mit Europa

Die Europäische Union schafft Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Ihre Erfolgsgeschichte gilt es in einer Zeit fortzuschreiben, in der unser Kontinent und unser Land vor beispiellosen Herausforderungen stehen.

Die Europawahl am 9. Juni 2024 entscheidet mit darüber, wie sich die Europäische Union als ein Vorbild für soziale Sicherheit und für eine klimagerechte Transformation weiterentwickeln kann. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Mitgliedsgewerkschaften rufen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf, am Wahltag mit ihrer Stimme die politischen Kräfte zu stärken, die auf ein friedliches, demokratisches Miteinander und ein Zusammenleben in sozialer Sicherheit setzen und einen ambitionierten Klimaschutz mit Wachstumsperspektiven und sicheren Arbeitsplätzen verbinden.

Zugleich warnen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften vor einem Rechtsruck in der Europäischen Union. Rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien vergiften nicht nur das gesellschaftliche Klima. Ihre anti-europäische Politik würde darüber hinaus Europa und Deutschland in eine schwere Wirtschaftskrise führen, mit milliardenschweren Einbußen bei der Wertschöpfung und mit einem dramatischen Verlust an Arbeitsplätzen. Demokratie, die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das Konzept sozialer Sicherheit und ein klimagerechter Wandel in Europa müssen gegen die Rechtsparteien verteidigt werden. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, soziale, wirtschaftliche und ökologische Zielsetzungen miteinander zu verbinden.

Um Europa wie auch Deutschland in eine gute Zukunft zu führen, braucht es eine Investitionsoffensive in die öffentliche Infrastruktur und Daseinsvorsorge, von der Bildung über das Verkehrswesen, das Gesundheitssystem und die Digitalisierung genauso wie in den klimagerechten Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Seine wesentliche Grundlage ist der „Green Deal“ der Europäischen Union. Dieses Programm muss zu einem „European Green Industry Deal“ fortgeschrieben werden, um Klimaneutralität und Wettbewerbsfähigkeit zu gestalten und gute, zukunftsfeste Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen.

Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Investitionsoffensive auf europäischer wie deutscher Ebene durch eine investitionsorientierte Finanz- und Haushaltspolitik ermöglicht wird. Dazu müssen die bisherigen Grenzen öffentlicher Kreditfinanzierung sowie die EU-Beihilferegeln angepasst und modernisiert werden.

Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften erwarten, dass die europäische Politik die soziale Dimension der EU weiterentwickelt, wie zuletzt mit den Initiativen zu Mindestlöhnen und Tarifbindung. Künftig müssen die öffentliche Auftragsvergabe, aber auch Fördermittel zur Unterstützung von Transformationsprojekten der Unternehmen an die sozialen Standards in der EU geknüpft werden, also auch an Tarifvertrag und Mitbestimmung.

In Zeiten des Umbruchs sind berufliche Perspektiven und eine verlässliche Daseinsvorsorge unverzichtbar. Eine Politik, die in unruhigen Zeiten den Menschen stabile Lebensverhältnisse ermöglicht und sie vor sozialen Risiken schützt, ist die beste Voraussetzung für die Zustimmung zur Demokratie und das Gelingen der Transformation.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können mit ihrer Stimme am kommenden Sonntag der Politik und der Zukunftsgestaltung eine gute Richtung geben. Wir fordern alle Beschäftigten auf: Nutzt diese Gelegenheit und helft mit, ein Europa der Guten Arbeit zu schaffen, ein friedliches, demokratisches Europa in sozialer Sicherheit.

Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall:
„Mit den Europawahlen am Sonntag werden wichtige Weichen für die kommenden Jahre gestellt. Es geht auch um die Zukunft der Industrie, um Sicherheit für unsere Kolleginnen und Kollegen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir rufen unsere Kolleginnen und Kollegen auf, für demokratische Parteien zu stimmen und ein Rechtsbündnis zu verhindern.“

Martin Burkert, Vorsitzender der EVG:
„Wir Eisenbahnerinnen und Eisenbahner verbinden Europa, indem wir Personen und Güter grenzüberschreitend bewegen. Deshalb wollen wir ein Europa, das mehr in den klimagerechten Verkehr investiert und damit dauerhaft gute Arbeit sichert: durch sinnvolle unterstützende Beihilfe für den Schienenverkehr, statt noch mehr Billig-Wettbewerb und Liberalisierung zulasten der Beschäftigten. Deswegen ist diese Europawahl für alle eine entscheidende Richtungswahl.“

Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes:
„Frieden, Freiheit und Sicherheit sind der Ausgangspunkt der europäischen Idee. Wenn das Europäische Haus aber ein starkes Fundament will, dann müssen wir die sozialen Standards der Union weiter ausbauen. Wettbewerb und Freizügigkeit dürfen nicht als Druckmittel gegen gute Arbeit ausgespielt werden. Für das Gelingen der Transformation muss ein starkes Europa jetzt mehr Investitionen ermöglichen. EU-Beihilferecht und Green Deal müssen ausgebaut werden, damit der Sprung in ein neues Zeitalter gelingt und Wohlstand für alle sichert.“

Robert Feiger, Vorsitzender der IG BAU:
„Der jüngste Arbeitskampf am Bau hat wieder einmal gezeigt, dass die durch das Grundgesetz garantierten ,Spielregeln‘ in einer Demokratie unabdingbar sind. Nur so ist eine echte Teilhabe möglich, nur so können sich Beschäftigte für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Einkommen einsetzen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Deshalb gilt es bei der anstehenden Europawahl bei den Kandidaten das Kreuz zu machen, die voll und ganz hinter diesen demokratischen Spielregeln stehen oder sogar weiterentwickeln wollen. Kandidaten, die auch nur einen Hauch dieser Unterstützung vermissen lassen, sind nicht wählbar.“

Maike Finnern, Vorsitzende der GEW:
„Bildung ist ein Grundpfeiler des demokratischen Europas! Junge Menschen wollen Europa und unsere Gesellschaft aktiv mitgestalten. Mit der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre wird der europäische Gedanke deutlich gestärkt. Gute Bildung für alle in Europa, Chancengleichheit für alle Menschen, das muss möglich sein! Gute Bildung muss gut finanziert sein. EU-Programme wie Erasmus+ sind für Studierende, Schüler*innen und Auszubildende zentral, um im europäischen Ausland wichtige Lern- und Lebenserfahrungen zu sammeln.“

Jochen Kopelke, Vorsitzender der GdP:
„Was in Brüssel entschieden wird, wirkt auf den Dienstalltag von uns Polizeibeschäftigten. Die Polizeien Europas sprechen trotz unterschiedlicher Nationalitäten und Strukturen grundsätzlich die gleiche Sprache. Sie alle garantieren die Innere Sicherheit ihres Landes, ein Mehr an Zusammen gewährleistet die Innere Sicherheit Europas. Mit Deiner Stimme stärkst Du die Demokratie und die Zusammenarbeit in Europa – für mehr gemeinsame Sicherheit, Freiheit, Respekt und Toleranz.“

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE:
„Die Europäische Union ist ein Fortschrittsbooster für die Bürgerinnen und Bürger – nicht nur als Allianz des Friedens, der Demokratie und Teilhabe, sondern auch als Vorbild für wirtschaftliche Kooperation und Vernetzung. Gerade die Beschäftigten in der Industrie wissen den Wert des gemeinsamen EU-Binnenmarkts zu schätzen. Die Industrie steht vor der gewaltigen Aufgabe der klimagerechten Transformation. Sie kann nur gelingen, wenn damit die Perspektive auf gute Arbeitsplätze, Prosperität und tariflich abgesicherte Teilhabe verbunden ist. Die Garanten dafür sind die demokratischen Kräfte im politischen Spektrum, die Transformation, Mitbestimmung und soziale Balance im Blick haben. Sie zu stärken, muss daher bei den Europawahlen im Zentrum aller Anstrengungen stehen.“

Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di):
„Was wir hier in Deutschland erreichen, hat immer auch eine europäische Dimension: Wir sind keine Insel, sondern leben mitten im Herzen Europas. Die EU braucht uns! Und wir brauchen die EU als starke und solidarische Wertegemeinschaft, die an einem Strang zieht bei der Verteidigung unserer Demokratie und unserer Freiheit. Wir haben jetzt als Wähler*innen die Chance, unsere Stimme zu nutzen: Für ein geeintes und soziales Europa. Für unseren Wohlstand, unsere Freiheit und unsere Demokratie. Das Projekt Europa ist zu wichtig, um es denen zu überlassen, die es zerstören wollen.“

Guido Zeitler, Vorsitzender der NGG:
„Mindestlohn, Plattformarbeit, Lieferketten: Das EU-Parlament setzt mit Richtlinien und Gesetzen wichtige Leitplanken für mehr Gerechtigkeit und faire Arbeitsbedingungen. Deshalb zählt am 9. Juni jede einzelne Stimme: Über unsere Zukunft dürfen nicht die entscheiden, die Hass verbreiten und Europa kaputtmachen wollen.“


4.6.2024
Katrin Münch-Nebel
Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand
www.dgb.de