Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 99: Paul Austers Spinne

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 99

 

Paul Austers Spinne

„Er war, so hoffte er, ein mehr oder weniger vernünftiger Mensch, aber in diesen aufgeheizten Tagen wirkte alles, was gegen das Steinewerfen sprach, zunehmend unvernünftig, und wenn schließlich der erste Stein geworfen wurde, würden Fergusons Sympathien dem Stein gelten und nicht dem Fenster.“
(Paul Auster: 4321)

„Wär‘ geil, wenn ihr unsere Pflanzen nicht klauen oder vom Balkon herunterreißen würdet“, hat einer der am meisten von nächtlichem Vandalismus betroffenen Nachbarn auf Zettel geschrieben, die er an seinem zur Straße gelegenen Balkon angebracht hat. Ich habe starken Zweifel an Nutzen und Wirksamkeit dieser Plakataktion. Als würde der gemeine Vandale erst lesen, bevor er sein sinnloses Zerstörungswerk beginnt. Und nach der Lektüre denken: „Mensch, die Leute haben ja eigentlich recht!“ Wenn Vandalen vor ihrem Wüten eine Pause der Besinnung einlegten, wären es keine Vandalen, dachte ich beim Weitergehen. Auch das Anwanzen an die vermeintliche Vandalen-Sprache finde ich peinlich und sinnlos. Der Vandale hat keine Sprache, seine Sprache ist die blinde Zerstörung, seine Haltung ein amorpher Negativismus, der gegen Argumente und vernünftige Einwände perfekt abgedichtet ist. Gegen den Vandalismus ist erst einmal kein Kraut gewachsen. Das einzige denkbare Gegenmittel wären tragfähige Bindungen – an Mitmenschen und das Gemeinwesen. Der Vandalismus grassiert besonders in Quartieren, in denen die Einwohner sich der Gemeinde wenig verbunden fühlen und keine oder nur rudimentäre nachbarschaftlichen Beziehungen existieren. Solche Dinge lassen sich nicht dekretieren und staatlicherseits und von oben einführen. Sonst wären sie nur Sozialtechnik und also ein vergeblicher neuerlicher Versuch eines Brückenschlags. Vandalismus ist ein genauer Indikator für den Grad der Integration beziehungsweise Desintegration, der in einer Gesellschaft herrscht. In einer stark integrierten Gesellschaft sind die Hauptzwecke allen gemeinsam, und das Ziel, das die Allgemeinheit sich setzt, wird für jeden zu einer Forderung. Es müsste eine freie, sozialistische Gesellschaft sein, sonst wäre die Gemeinsamkeit betrügerisch und verlogen. In einer klassengespaltenen Gesellschaft basiert Harmonie entweder auf Manipulation, also dem betrügerischen Vortäuschen gemeinsamer Interessen, oder auf Terror und Gewalt. Der alchimistische Terror zwingt das Widersprüchliche zusammen und hindert den Austrag der Konflikte. Bis sie sich eines Tages umso katastrophaler äußern.  … weiter

(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )


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Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im GEW-MAGAZIN

 

Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur Europawahl 2024

Gute Arbeit – besser mit Europa

Die Europäische Union schafft Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Ihre Erfolgsgeschichte gilt es in einer Zeit fortzuschreiben, in der unser Kontinent und unser Land vor beispiellosen Herausforderungen stehen.

Die Europawahl am 9. Juni 2024 entscheidet mit darüber, wie sich die Europäische Union als ein Vorbild für soziale Sicherheit und für eine klimagerechte Transformation weiterentwickeln kann. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und seine Mitgliedsgewerkschaften rufen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf, am Wahltag mit ihrer Stimme die politischen Kräfte zu stärken, die auf ein friedliches, demokratisches Miteinander und ein Zusammenleben in sozialer Sicherheit setzen und einen ambitionierten Klimaschutz mit Wachstumsperspektiven und sicheren Arbeitsplätzen verbinden. Weiterlesen

Immer wieder diese Quälerei

Der Kommentar zum Zeitgeschehen

von Jürgen Scherer

Jedes Mal das selbe alte Lied. Jedes Mal diese Zweifel. Jedes Mal die gleiche Argumentation: Diesmal ist es aber besonders wichtig. Und dann fällt die Entscheidung, wenn auch wieder mit Bauchschmerzen: Na gut, dann geh ich halt wählen oder mach Briefwahl. Sei´s drum: Besser wählen als irgendwelchen Ewiggestrigen die Entscheidungen für die Zukunft überlassen.

Es ist also wieder soweit: In Europa wird in etwa vier Wochen gewählt. Wieder einmal eine „Schicksalswahl“? Also diesmal glaube ich das. Allein schon, wenn ich an den ganzen grassierenden „Bellizismus“ denke, der durch die europäische Luft wabert. Allein schon die deutschen KandidatInnen können einen das Gruseln lehren!

Ein knapper Blick auf einige: Vorneweg marschiert mit strammen Schritt die „Bellizismusamazone“ der CDU, Frau von der Leyen, die förmlich aufblüht, wenn es um die Erzfeindbildpflege Russland geht. Dass sie einem Staatenbund vorsteht, der mal den „Friedensnobelpreis“ bekommen hat und damit für eine klare Agenda ausgezeichnet wurde, hat sie wohl erfolgreich verdrängt. Verständigung nein, Friedensinitiativen nein, Konfrontationsverschärfung: Gerne und mit Lust! Hinter ihr drängeln sich zwei weitere Amazonen, Frau Barley von der SPD und Frau Strack-Zimmermann von der FDP. Wobei Frau Barley mit ihrer Forderung nach einer Atombombe für Europa ein wenig aus dem Blickfeld gerät angesichts der „Krawalloma“ von der FDP. FSZ ist nicht nur eine der rührigsten Lobbyistinnen für Kriegsgeräte und –geschrei, sie entlarvt sich auch als wirklich schreckliches „enfant terrible“ unserer Republik, wenn sie auf einer Demo gegen ihr Kriegsgewäsch einen Demonstranten penetrant nach dessen Arbeitgeber fragt (wozu, wenn nicht, um ihn dann zu denunzieren?) Glaubt sie wirklich, ihr Einsatz für Militarismus in unserem Land, sei schon so weit gediehen, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter abmahnen, wenn sie ihr demokratisches Recht wahrnehmen? Andrerseits: Verblendung ist, wie allgemein bekannt, grenzenlos! Soweit zu einigen aus der bellizistischen Frauenriege im deutschen Europawahlangebot.

Kommen wir zum Männerangebot auf diesem Gebiet: Auch das kann sich sehen lassen. Da gibt es den Söderjünger Manfred Weber aus der BayernCSU, der bei der letzten Wahl Ambitionen auf den Kommissionsvorsitz hatte, bevor dieser dann zwischen France und Deutschland für Frau von der Leyen ausgekungelt wurde. Derzeit ist er Vorsitzender der „Konservativen Fraktion“ im EUParlament und damit mächtig genug, um Frau von der Leyens Bellizismuskurs maßgeblich mitzutragen. Bestens unterstützt wird seine Position im Hinblick auf den Erzfeind vom Grünenabgeordneten Reinhard Bütikhofer, gegen den aufgrund seiner andauernden Hetze gegen seinen Lieblingsfeind China sogar ein Einreiseverbot nach China verhängt wurde. Auch wenn er in diesem Jahr nicht mehr für Europa kandidiert, ist er doch immer noch ein Aushängeschild für den kriegerischen Kurs der Bündnis 90/Die Grünen.

Soweit ein knapper Blick auf deutsche Positionen im Umgang mit Krieg und Frieden in Europa. Es ist zum Verzwatzeln, was sich tut und was nicht. Und man könnte geneigt sein, erst gar nicht zu wählen, weil sich doch nichts ändern wird. Man kann auch auf die Idee kommen, die diversen „Wahlprüfsteine“, die zuhauf auf dem Markt sind zu Rate zu ziehen oder gar den allseits bekannten Wahlomat, wobei bei dem vielleicht ein unbekannter Algorithmus sein Unwesen treibt – wissen wir´s? Ehrlich gesagt halte ich angesichts den prekären Zeiten, die wir gerade durchleben, von beiden Optionen nicht viel. Für mich zählt, völlig einseitig, nur eine, und die lautet: Frieden!

Da scheint es für die kommende Europawahl in Deutschland ein paar wenige Angebote zu geben, die zumindest dafür sorgen könnten, dass der Weg dahin beschritten wird. Da ist einmal BSW, das Bündnis Sarah Wagenknecht mit so Hoffnung gebenden Kandidaten wie Michael Lüders, d e m führenden unabhängigen Nahostexperten Deutschlands, der erst kürzlich seine bahnbrechende Analyse über Moralismus in der Politik veröffentlicht hat (übrigens ein „Spiegel Bestseller“) und zum anderen der ehemalige Linkenabgeordnete Fabio di Masi ein profilierter Kenner der Finanzkriminalität. Als dritter im Bunde sei noch der ehemalige Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel genannt. Drei Musketiere, die für Friedenspolitik für Europa stehen. Nicht zu vergessen der ehemalige TITANICRedakteur Martin Sonneborn von der Satirepartei „DIE PARTEI“, der immer mal wieder mit kritisch-satirischem Blick die Geschehnisse im Europaparlament aufgreift (erst jüngst wieder mit seinem Buch „Herr Sonneborn bleibt in Brüssel. Neue Abenteuer im Europaparlament“; 2024) und einer der Unterzeichner des „Manifestes für Frieden“ von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht ist.

Diese paar Beispiele mögen zeigen, dass es durchaus auch deutsche Alternativen zum bellizistischen Einheitsbrei im Europaparlament geben kann, und es vonnöten ist, diese zu stärken. Wir sollten den EuropavergesserInnen ihre Nebelkerzenwerferei nicht durchgehen lassen. Frieden muss Vorrang haben! Mit klarer Option ist dann die diesjährige Wahlentscheidung vielleicht doch mal keine Quälerei…


Jürgen Scherer ist ehemaliger Lehrer für Geschichte und Politik an einer hessischen Gesamtschule und GEW-Mitglied. Er schrieb früher für das Magazin Auswege, jetzt für seinen Nachfolger – das GEW-MAGAZIN.
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„Grenzenlos studieren. Europa wählen!“ und „Hochschulen wählen Europa“

Aufrufe zur Teilnahme an der Europawahl – HRK-Prüfsteine zur Wissenschaftspolitik veröffentlicht

Mitteilung: fzs, HRK und DSW

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) und das Deutsche Studierendenwerk (DSW) rufen unter dem Motto „Grenzenlos studieren. Europa wählen!“ gemeinsam dazu auf, sich an der Wahl zum Europaparlament zu beteiligen. Der Appell, am 9. Juni 2024 vom eigenen Wahlrecht Gebrauch zu machen, richtet sich nicht nur an Studierende, sondern an alle Hochschulangehörigen. Die drei Verbände mahnen zudem einen fairen, respektvollen und friedlichen politischen Wettstreit an. Weiterlesen

Streitzeit: Europa? Europa!

„Europa? Europa!“ So heißt der Titel der neuen Ausgabe des Magazins „Streitzeit“ des DGB Bayern. 

Wenige Tage vor der richtungsweisenden Wahl des Europäischen Parlaments am 26. Mai steht die große Bedeutung von Europa im Fokus der neuen Streitzeit. Die aktuelle Ausgabe zeigt aber auch, was sich für ein sozialeres Europa ändern muss.
Mit einem Kommentar zum EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung.

Download der Ausgabe 6 v, 20.5.2019 (pdf-Datei, 570 KB)