Lehrkräftemangel an Bayerns Schulen: GEW Bayern warnt vor noch mehr Unterrichtsausfall vor allem an Grund- und Mittelschulen
Mitteilung: GEW Bayern
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bayern (GEW) spricht sich erneut eindringlich für kurz- und langfristige Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel in Bayern aus. Dazu gehören auch die notwendige Transparenz des Kultusministeriums und eine grundlegende Reform der Lehrer*innenbildung. Die Situation in den Schulen ist jetzt schon prekär, zum Schulhalbjahr droht eine weitere Verschärfung der Situation!
„Die Grund-, Mittel- und Förderschulen leiden aktuell unter einem massiven Lehrkräftemangel. Die mobilen Reserven sind ausgereizt, die zu erwartende jahreszeitbedingte Krankheitswelle und die seit langem bekannten Pensionierungen zum Schulhalbjahr werden diese Situation weiter verschärfen“, beschreibt Ruth Brenner, Sprecherin der GEW Landesfachgruppe Grund- und Mittelschulen, die aktuelle Situation. Die Bildungsgewerkschaft geht davon aus, dass zum Halbjahr etwa 450 Kolleg*innen in den Ruhestand gehen werden, auch wenn Zahlen aus dem Kultusministerium bisher immer noch nicht vorliegen.
Schon im ersten Schulhalbjahr ist die Situation an den Schulen schwierig. So gibt es Schulen in Mittelfranken, an denen entgegen offiziellen Angaben Studierende alleine in den Klassen unterrichten, obwohl sie eigentlich nur zur Unterstützung eingestellt wurden. Weiterhin ist es üblich geworden, viele Vollzeitstellen z.B. dienstunfähiger Kolleg*innen von Schuljahresbeginn an aus der mobilen Reserve zu ersetzen. Die Kolleg*innen der mobilen Reserve haben aber unterschiedlich lang befristete Verträge. So ist z.B. bekannt, dass ein Vertrag Mitte Dezember auslief und diese Stelle bis heute nicht besetzt ist. Es ist davon auszugehen, dass dies kein Einzelfall ist. Allein in Mittelfranken wurden 1500 Lehrerstunden durch Drittkräfte mit befristeten Arbeitsverträgen ersetzt, mindestens 12 Schulleitungsstellen waren im ersten Schulhalbjahr nicht besetzt. Auch aus Niederbayern sind „Notmaßnahmen“ bekannt, die auf den massiven Lehrkräftemangel zurückzuführen sind. So werden Klassen einer Jahrgangstufe in einigen Fächern zusammengelegt, um Stunden einsparen zu können. Eine entsprechende Petition der GEW wird am 1. Februar im Bildungsauschuss des Bayerischen Landtags beraten.
„Neben den sich zuspitzenden Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen, leidet auch die Unterrichtsqualität“, so Brenner. Sie ergänzt: „Trotz des überdurchschnittlichen Engagements der Kolleg*innen in den Schulen, muss die unterrichtliche und pädagogische Qualität strukturbedingt leiden. Fehlende Kontinuität verhindert gute Bildungs- und Erziehungsarbeit. Die „Flickschusterei“ beim Einsatz mobiler Reserven – erst wird die Klasse zwei Wochen aufgeteilt, dann kommt eine Kollegin mit 1. Staatsexamen für ein paar Wochen, ab dem Halbjahr wird dann ein*e Gymnasialkolleg*in, die eine Zweitqualifizierungsmaßnahme absolviert, eingesetzt – verhindert kontinuierliche Bildungs- und Erziehungsarbeit und destabilisiert die Klassengemeinschaft. Durch Vertretungen fallen außerdem die nötigen Fördermaßnahmen und pädagogisch wertvolle AG-Stunden unter den Tisch. Diese Situation haben wir nun schon seit zwei Jahren. Wir befürchten, dass sich dies zum Halbjahr weiter verschärfen wird.“
Das Bayerische Kultusministerium setzt einzig und allein auf kurzfristige Maßnahmen: Zusammenlegung von Unterricht, Einsatz von Kolleg*innen mit und ohne 1. Staatsexamen und die Besetzung der offenen Stellen durch Studentinnen und Studenten. Dieser Weg wurde mit einem Schreiben an alle bayerischen Universitäten forciert. In einem weiteren Versuch sollen Lehrkräfte von Gymnasien und Realschulen für die Grund- und Mittelschulen gewonnen werden. So geht die Bildungsgewerkschaft davon aus, dass zum Halbjahr etwa 200 sog. Zweitqualifizierer, also ausgebildete Gymnasiallehrer*innen, an die Grund- und Mittelschulen kommen werden. Aber auch dies wird die Personalsituation nicht lösen, es werden weiterhin Seiteneinsteiger*innen und Studierende notwendig sein, um den Lehrkräftemangel zu beheben.
Dass das Kultusministerium behauptet, dass die Zahlen zu den Pensionierungen noch nicht vorliegen, ist angesichts des nahenden Schulhalbjahrs ein Armutszeugnis der bayerischen Personalpolitik. Wenn jetzt noch nicht klar ist, wie viele Stellen ersetzt werden müssen, kann nicht von einer verantwortungsvollen Personalplanung gesprochen werden. Anstatt mit Intransparenz zu glänzen, sollte die bayerische Staatsregierung nun endlich Schritte einleiten, um eine grundlegende Reform der Lehrer*innenbildung umzusetzen.
PM v. 31.1.2018
Elke Hahn
Geschäftsführung
GEW Bayern
www.gew-bayern.de