21 Vorschläge zur Lehrkräftegewinnung für die Schulen in Baden-Württemberg
Mitteilung: GEW Baden-Württemberg
Bereits am ersten Schultag müssen sich Schüler*innen und ihre Eltern auf Unterrichtsausfall einstellen. Fast alle Schularten werden im nächsten Schuljahr 2023/2024 erneut zu wenig Lehrkräfte haben, um den Pflichtunterricht sicherzustellen.
Die GEW erwartet von der Landesregierung nachhaltige Investitionen und mehr Kreativität, um die 4.500 Schulen im Land dauerhaft krisenfest zu machen. Mit 21 Vorschlägen zur Lehrkräftegewinnung reagiert die Bildungsgewerkschaft auf den Mangel an Pädagog*innen.
„Es ist für die Lehrkräfte an den 4.500 Schulen frustrierend, dass sie auch im nächsten Schuljahr jonglieren müssen, um den Pflichtunterricht einigermaßen sicherzustellen. Die langfristig wirkenden Vorschläge der GEW wie die Schaffung zusätzlicher Studienplätze sind seit langem bekannt. Dazu kommen viele weitere Ideen zur Lehrkräftegewinnung, die wir heute dem Kultusministerium vorgeschlagen haben. Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern erwarten schnelle Antworten und nachvollziehbare Erklärungen, warum die grün-schwarze Landesregierung nur so wenige Vorschläge anpackt“, sagte am Dienstag (05.09.) Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Stuttgart.
Mit mehr Qualifizierungsprogrammen soll der Quereinstieg besser möglich werden. Der weitere Ausbau der Studienplätze vor allem für Sonderpädagogik und Grundschulen wirke zwar erst langfristig, müsse aber bereits 2023 gestartet werden. Die Bildungsgewerkschaft wirft dabei auch den Blick in andere Bundesländer, wo es zum Beispiel in Brandenburg Stipendien für Lehramtsstudierende gibt, wenn sie sich für ländliche Regionen bewerben.
Die GEW-Vorsitzende Monika Stein erinnerte an Jahre, in denen es in allen Schularten deutlich mehr Bewerber*innen für freie Stellen gab. „Warum ist die Landesregierung nicht wieder so mutig, wie diese Vorgängerregierungen vor 20 bis 30 Jahren und bildet auch über den Bedarf an den Hochschulen Lehrkräfte aus? Wir werden sie brauchen, denn die Schüler*innenzahlen steigen und es werden langfristig weiter Menschen aus anderen Ländern in unser attraktives Baden-Württemberg kommen. Sollen notwendige pädagogische Weiterentwicklungen wie der Ganztagsausbau, die Inklusion und die Stärkung der Beruflichen Bildung Utopien bleiben, weil wir dauerhaft nicht die pädagogischen Profis haben, um unsere Kinder und Jugendlichen fit zu machen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts?“, sagte Stein.
Die GEW geht davon aus, dass im nächsten Herbst/Winter mehr geflüchtete Schüler*innen als im Schuljahr 2015/16 die Schulen besuchen werden. „Die Leistung der pädagogischen Profis in unseren Schulen bei der Integration ist gewaltig und bewundernswert. Wichtiger als ein Dankeschön sind systematische Verbesserungen. In den nächsten Jahrzehnten werden weiter Kinder und Jugendliche zu uns kommen. Es rächt sich, dass in den vergangenen Jahren die Lehrkräfte der Vorbereitungsklassen nicht dauerhaft eingestellt und qualifiziert wurden.
Es sind Dauerstellen für die Lehrkräfte notwendig, die in Vorbereitungsklassen eingesetzt werden. Wir brauchen mehr Fortbildungen in Deutsch als Zweitsprache und Traumapädagogik. Wenn hier Einstellungsmöglichkeiten für Menschen geschaffen werden, die die notwendigen Qualifikationen mitbringen, würde das unser System entlasten. Das Land hat in Bezug auf dieses Thema viel geleistet. Das muss nun verstetigt werden“, sagte Stein.
Die GEW erwartet eine schnelle Einigung zwischen Land und den kommunalen Spitzenverbänden über die Ausstattung der Schulen. „Während überall über Künstliche Intelligenz diskutiert wird, verstauben in den Schulen die ersten während Corona gekauften Notebooks, weil es keine IT-Unterstützung gibt“, sagte Stein. Bei der Lehrer*inneneinstellung gibt es große regionale Unterschiede. Viele der Bewerber*innen bewerben sich nicht landesweit, sondern nur in ihren Wunschregionen. Für Schulen in den Großstädten der sogenannten „Rheinschiene“ gibt es meist genügend Bewerber*innen. In vielen ländlichen Regionen gibt es aber kaum Interessent*innen für einen Platz im Klassenzimmer.
Besonders an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) und in der Inklusion fehlen immer mehr Lehrer*innen. „An den SBBZ kann der Pflichtunterricht an vielen Schulen nur teilweise stattfinden. Schüler*innen mit Behinderung werden nach Hause geschickt, was ihre Bildungschancen beeinträchtigt und die Familien belastet”, sagte Stein. Auch viele Berufliche Schulen, Grundschulen und Schulen der Sekundarstufe 1 starten ins neue Schuljahr mit zu wenig Personal. An den allgemein bildenden Gymnasien sind die Einstellungschancen gut, wenn die Bewerber*innen regional flexibel sind.
1,5 Millionen Schüler*innen in Baden-Württemberg – steigende Schüler*innenzahlen
Im Schuljahr 2022/2023 besuchten die 4.006 allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg 1.126.707 Schüler*innen. Bis mindestens 2034/35 sollen die Zahlen steigen, dann wird mit 1.203.800 Schüler*innen gerechnet. An den Beruflichen Schulen waren es 2022/2023 landesweit 389.294 Schüler*innen. Die Schüler*innenzahlen sollen bis 2035/36 auf 424.400 ansteigen. Etwa 130.000 Lehrkräfte arbeiten in den gut 4.500 Schulen. (Quelle: Stat. Landesamt Baden-Württemberg)
5.9.2023
GEW Baden-Württemberg
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