Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 79: Das große Vergessen
Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 79
Das große Vergessen
„Alle verblöden um die Wette.“
(Gustave Flaubert)
Apokalyptische Bilder jeden Abend in den Nachrichtensendungen: Hitze, Brände, Überflutungen, Erdbeben, Hungerkatastrophen, Krieg und Zerstörung. Wir bekommen täglich eine derartige Dosis an Schreckensnachrichten verabreicht, dass wir die Fähigkeit zur Empörung und Revolte einbüßen. Wir stumpfen ab und drohen unsere Fähigkeit zur Empathie einzubüßen. Stefan Zweig hat dieses Phänomen bereits angesichts der Meldungen von den Fronten des Zweiten Weltkriegs beschrieben. (Teil 72 der DHP: Machnos Erben) Damals wie heute müssten wir aufschreien und uns kollektiv auflehnen, aber die Masse der Bilder und die Flut der Nachrichten lassen uns verstummen und lähmen unsere Initiative. Jurek Becker hat vor vielen Jahren schon auf ein scheinbares Paradox hingewiesen: Je drastischer die Bilder, die man uns präsentiert, desto schneller vergessen wir, was wir gesehen haben. Die Fülle und vor allem der Konkretismus der Bilder ist das beste Mittel, uns gegen das Unglück immun zu machen. Das ist eine zu wenig beachtete Facette der „Dialektik der Aufklärung“: Je deutlicher eine Barbarei zu sehen ist, desto schneller vergessen wir sie. Nachrichten haben uns stärker geprägt, als wir sie nur hörten oder lasen. Die Bilder dazu entstanden in unseren Köpfen und beschäftigten uns dann mehr, als die fertig gelieferten von heute. … weiter
(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )
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Bild von David Mark auf Pixabay
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