Welttag der Sozialen Gerechtigkeit: DGB Bayern kritisiert wachsende Armut im Freistaat

Di Pasquale: „Jetzt gilt es, den Minimalkonsens in Sachen Grundrente zügig umzusetzen!“

Stellungnahme des DGB Bayern

Dr. Verena Di Pasquale, stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern, fordert angesichts des Welttages der Sozialen Gerechtigkeit am 20. Februar, den Blick auf die Armut in Bayern zu schärfen: „Mittlerweile ist jeder Siebte in Bayern von Armut gefährdet. Statt Armut schönzureden, muss es darum gehen ihr entgegenzusteuern. Konzepte dafür liegen auf dem Tisch. Nun geht es darum, rasch zu handeln.“

So fordert der DGB Bayern die Einführung einer Kindergrundsicherung, deutliche Korrekturen bei Hartz IV sowie einen armutsfesten Mindestlohn. Darüber hinaus müsse die Bayerische Staatsregierung ihren Beitrag dazu leisten, dass Arbeit ihren Wert hat. „Gute Löhne gibt es vor allem mit Tarifvertrag. Umso wichtiger ist es, die Tarifbindung in Bayern zu stärken. Hierfür sind ein Tariftreue- und Vergabegesetz sowie leichtere Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen erste Schritte“, so Di Pasquale.

Zahlen, die die wachsende Armut im Freistaat belegen, gibt es genug. Über 250.000 Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) sind derzeit in Bayern von Armut bedroht. Rund 120.000 Kinder unter 15 Jahren leben seit vielen Jahren in Bedarfsgemeinschaften des SGB II („Hartz IV“). Auch Erwerbsarmut verharrt seit Jahren auf hohem Niveau. „Diese führt dazu, dass mittlerweile 718.000 Menschen in Bayern mehrere Jobs haben, um über die Runden zu kommen. Zudem müssen mehr als 200.000 Bedürftige regelmäßig mit Lebensmitteln der Tafeln versorgt werden. Für ein reiches Bundesland wie Bayern sind solche Zahlen skandalös“, kritisiert Di Pasquale.

Ein weiteres Armutszeugnis sei die hohe Betroffenheit von Rentnerinnen und Rentnern. Daher sieht Di Pasquale auch beim Thema Rente dringenden Handlungsbedarf: „Jede vierte Rentnerin und jeder fünfte Rentner ist in Bayern armutsgefährdet. Selbst wenn wir uns in Sachen Grundrente mehr erhofft haben, gilt es den erzielten Minimalkonsens nun zügig umzusetzen. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, nach einem langen Arbeitsleben, Kindererziehung und Pflege nicht auf Grundsicherung angewiesen zu sein. Dreh- und Angelpunkt einer zukunftsfähigen gesetzlichen Rentenversicherung bleibt jedoch das Rentenniveau. Ziel muss es sein, dieses perspektivisch deutlich zu erhöhen.“

Die Tatsache, dass die reichsten zehn Prozent der deutschen Bevölkerung mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens besitzen, während die ärmere Hälfte nur einen Anteil von etwas über einem Prozent vorzuweisen hat, kritisiert Di Pasquale deutlich: „Diese Verteilung von Armut und Reichtum ist nicht nur unsozial, sondern auch wachstums- und demokratieschädlich. Die Verteilungsfrage bleibt somit hochaktuell. Wer Armut ernsthaft bekämpfen will, kommt nicht umhin, auch den Reichtum in den Blick zu nehmen. Starke Schultern müssen einen stärkeren Anteil tragen, um die sich verstärkende soziale Spaltung in unserer Gesellschaft zu überwinden. Ansatzpunkte gibt es genug. Sie reichen von einer Vermögensteuer bis hin zu einer Erbschaftsteuer, die ihren Namen auch verdient“, so Di Pasquale abschließend.