Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 13: Wir kleinen überspannten Säugetiere

Tagebuch

 

Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 13

Wir kleinen überspannten Säugetiere

Krisen wie die, die wir gerade er- und durchleben, erfassen im Unterschied zu ‚bloß‘ ökonomischen Krisen den Innenbau der Menschen und erschüttern ihre geistige und seelische Grundausstattung. Sie stellen ihre Gewissheiten in Frage und bringen eingespielte Gleichgewichtszustände zum Einsturz. Das kann psychopathologische Reaktionen auslösen.

Ich merke das unter anderem daran, dass mich in der Stadt vermehrt Leute ansprechen, die, um es vorsichtig auszudrücken, auf dem schmalen Grat zwischen Wahnsinn und Vernunft balancieren und im Augenblick Angst haben, abzustürzen. Ich nenne sie in Anlehnung an Woody Allens Stadtneurotiker und im Unterschied zu ihm Stadtpsychotiker. Die äußeren Turbulenzen wirbeln den seelischen Bodensatz der Person auf und setzen einen psychischen Regressionsprozess in Gang, dessen Fallhöhe, oder besser -tiefe ungewiss ist. Das hängt unter anderem von der Festigkeit und Stabilität des Ichs und des gesamten Subjektaufbaus ab. Je labiler ein Mensch ist, desto mehr werden solche Krisen ihn durcheinanderbringen. Der Angstpegel steigt, Panik flackert auf. Die verunsicherten Menschen suchen nach Struktur, Halt und Orientierung. … weiter

Tagebuch oben links: Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild rechts von Michael Schwarzenberger auf Pixabay


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