Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 55: Ein Königreich für Landstreicher

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 55

 

Ein Königreich für Landstreicher

„Der einfache Mensch war für die russische gebildete Schicht immer eine Art Versuchskaninchen. Sprachloses Material zur Verwirklichung aller möglichen Utopien.“
(Natalja Kljutscharjowa)

Über Fronleichnam sind wir in unser Domizil am Edersee gefahren. U war von den Strapazen der letzten Wochen angeschlagen und hatte das Bedürfnis zu schlafen und sich auszuruhen. So machte ich mich am zweiten Tag unseres Aufenthalts allein zum Lindenberg auf. Offenbar hatten viele Menschen das verlängerte Wochenende zu einem Ausflug in den Kellerwald genutzt, denn es war unerwartet viel los auf den Wegen. Wo ich sonst manchmal den ganzen Tag über keinem Menschen begegne, traf ich diesmal unentwegt auf Gruppen von Wanderern. Wenn sie vorüber waren, waberte noch lang eine Deo-Wolke durch die Luft. Präpotente Männer schwadronierten laut und waren oft noch zu hören, wenn ihre Gruppe bereits hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden war. Auf dem See waren Schüler in winzigen Kanus unterwegs und grölten mit ihren vom Stimmbruch krächzenden Stimmen. Beschimpfungen flogen hin und her: „Du fette Sau“, „Du elender Spast“, „Fick dich, du Schwuchtel“. Das Gegröle war weithin zu hören und wurde von gegenüberliegenden Ufer als Echo noch einmal verdoppelt. … weiter

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von Alexander Fox | PlaNet Fox auf Pixabay


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Ein Kommentar

  • Lieber Götz Eisenberg!
    So gerne ich mit häufiger Freude und gelegentlichem Bauchgrimmen Deine Texte lese: aber das hier?
    „Auch hier wäre eine Haubitze aus dem Sondervermögen von Olaf Scholz nützlich, um die Boote und ihre grölenden Insassen zu versenken.“
    Entschuldigung? Wem gehört der Kellerwald? Was erlauben sich junge Menschen?
    Wäre das noch irgendwie in einer „schriftstellerischen“ Art von Ironie niedergetippt, ging es ja noch. Aber das ist einfach nur böse zu lesen. Oder verzweifelt?
    Tja, manchmal schaut man als Sohn auf die Nachkommenden, wie einst der Herr Papa auf einen selbst schaute. Und dann ist man als Linker ganz schnell Schreiber rechten Gedankenguts.
    Da sollte man einfach nur aufpassen.
    Herzlichst
    Christian

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