Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 6: Zum Verhältnis von innerer und äußerer Polizei

 

Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 6

Zum Verhältnis von innerer und äußerer Polizei

Ein Drogeriemarkt auf dem Seltersweg versucht, den Zustrom der Kunden zu begrenzen und zu regulieren, indem man nur eine gewisse Anzahl von Einkaufswagen im Eingangsbereich bereitstellt und jeden Kunden auffordert, einen zu benutzen. Die anderen müssen vor der Tür warten, bis eine Kundin oder ein Kunde den Markt verlässt und eine Mitarbeiterin den entleerten Wagen desinfiziert und hinter der Eingangstür abstellt hat.

Da ich dringend eine Tafel dunkle Schokolade kaufen musste, die ich während des Schreibens benötige, wartete ich also brav auf einen freien Wagen, den ich dann durch beinahe leere Gänge zum Schokoladenregal schob. Ich legte eine Tafel schwarze Schokolade auf die Ladefläche des Wagens und schob ihn Richtung Kasse. Auch die hinter einer Plexiglaswand sitzende Kassiererin musste lachen, als sie die Tafel Schokolade sah, die sich im Einkaufswagen verlor. … weiter

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Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 5: Zaungäste des Fortschritts oder: Meine Quarantäne

 

Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 5

Zaungäste des Fortschritts oder: Meine Quarantäne

In gewisser Weise habe ich gut reden. Im Grunde hat sich für mich durch die Corona-Regeln nichts oder nicht viel geändert. Ich lebe seit ewigen Zeiten in einer selbst auferlegten, freiwilligen Quarantäne – als Eremit, umgeben von Bücherregalen. Lesen und Schreiben, meine Haupttätigkeiten, kann man nur in ruhiger Abgeschiedenheit betreiben. Zwischendurch gehe ich in der Stadt und ihrer Umgebung umher und sammle Eindrücke, von denen ich schreibend und denkend zehre.

Seitdem ich begriffen habe, dass Theoriebildung nicht nur in Bibliotheken und an Schreibtischen stattfindet, sondern auch auf der Straße, treibe ich mich viel herum – mit offenen Augen und Ohren. Die Stadt ist meine ständige Empirie, Ethnologie des Inlands meine Lieblingsdisziplin. Linke Theoriebildung krankt seit eh und je daran, dass es ihr nur ungenügend oder gar nicht gelingt, ihre Begriffe nach unten, zu den Erfahrungen der Menschen und ihrem Alltagsleben hin zu öffnen…. weiter

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Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 4: In Wohn-Haft

 

Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 4

In Wohn-Haft

Die Corona-Turbulenzen haben dieser Tage aus den Tiefen meines inneren Sprachozeans einen Satz an die Oberfläche des Bewusstseins gespült, auf den ich vor vielen Jahren einmal gestoßen bin, und der dann in Vergessenheit geriet. Er stammt von Blaise Pascal, der ihn Mitte des 17. Jahrhunderts formulierte: „Alles Unglück der Menschen rührt von einer einzigen Ursache her: nicht unbeschäftigt in einem Zimmer sitzen zu können.“

Noch vor Kurzem hätte man diesen Satz als Mantra eines Sozialphobikers oder als Versuch einer philosophischen Rechtfertigung von Stubenhockerei abtun können. Nun aber, da wir alle zur Stubenhockerei verdonnert sind und wir den Preis für unsere Umtriebigkeit und rastlose Mobilität zu entrichten haben, können wir uns diesem Satz anders nähern. Vielleicht enthält er den Schlüssel zum Rätsel unserer gegenwärtigen Lage und kann uns auch die Richtung weisen, in der wir nach der Lösung der jetzt aufgeworfenen Fragen suchen können…. weiter

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Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 3: Ein Lackmustest für die Demokratie

 

Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 3

Ein Lackmustest für die Demokratie

Den ganzen Winter über ist der botanische Garten geschlossen. Mit Frühlingsbeginn wird er wieder geöffnet. Normalerweise. Aber was ist in diesen Tagen schon normal? Als ich am Wochenende bei wunderbarem Sonnenschein und voller Vorfreude Richtung Altes Schloss geradelt war, stieß ich an der eisernen Pforte auf einen Aushang: Aufgrund der aktuellen Corona-Lage bleibt der Garten bis auf weiteres geschlossen!

Sollte man nicht gerade jetzt den Garten öffnen? Der botanische Garten wird bevorzugt von älteren Menschen aufgesucht, und den in ihre Wohnungen eingesperrten Menschen würde ein wenig frische Luft gut tun. Sie müssen sich ja nicht zu viert auf eine Bank setzen. … weiter

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Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 2: Das Virologen-Orakel

 

Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 2

Das Virologen-Orakel

Orakel von Delphi

Inzwischen ist alles gedämpft und es herrscht spürbar weniger Verkehr. In der Nacht sind deutlich weniger saufende und grölende Jungmänner durch die Straße gezogen. Sehr wohltuend. Aber noch haben nicht alle den Ernst der Lage erkannt.

Man sollte den Unbelehrbaren die Tagesschaubilder eines nächtlichen Militärkonvois zeigen, der in einer norditalienischen Stadt die Särge von Corona-Toten zu den Krematorien bringt. Wer über solche Bilder nicht das Fürchten lernt, dem ist, wie im Märchen der Brüder Grimm, nicht zu helfen. … weiter

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Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 1: Bärlauch in den Zeiten von Corona

 

Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 1

Bärlauch in den Zeiten von Corona

Bärlauch-Pesto

Es ist Mittwochnachmittag. Auf den ersten Blick hat sich nichts verändert. Vielleicht ist etwas weniger Verkehr auf den Straßen, und auf dem Seltersweg – der Gießener Fußgängerzone – sind ein paar weniger Passanten unterwegs. Vor den Kneipen und Cafés sitzen junge Leute dicht gedrängt in der Nachmittagssonne und demonstrieren ihre Indifferenz gegenüber dem Virus und der von ihm ausgehenden Ansteckungsgefahr. Ein Mann kommentiert das mit den Worten: „Die dürfen sich nicht beschweren, wenn sie doch noch eine Ausgangssperre verhängen!“

Ich beobachte eine Gruppe junger Männer, die einen Bierkasten aus einem Supermarkt schleppen und Richtung Lahn davonziehen. Mädchen stellen sich für ein Foto in Pose. Der Subtext dieser Handlungen lautet: „Das Virus und die ganzen Vorsichtsmaßnahmen gehen uns am Arsch vorbei. Es sterben nur alte Leute, die uns eh auf den Sack gehen! Wir sind jung und lassen uns unseren Spaß nicht verderben!“ … weiter


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Hype oder Kairos? Thesen zum Höhenflug der Grünen

von Götz Eisenberg

„Es genügt nicht, dass der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muss sich selbst zum Gedanken drängen“, heißt es beim frühen Marx. Dieses Zitat aus der Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie fiel mir ein, als ich über den rätselhaften Höhenflug nachdachte, den die Partei Die Grünen derzeit erlebt.

Über diesen wird viel spekuliert und phantasiert. Die meisten Kommentatoren neigen dazu, ihn für einen Hype zu halten, ein typisches Phänomen des Medien- und Internetzeitalters. Auf ihrer ständigen Suche nach Sensationen bemächtigen sich die Medien eines Themas und verschaffen diesem auf diese Weise eine große Aufmerksamkeit, die so lange währt, bis sie sich auf das nächste Thema stürzen.

Einiges spricht dafür, dass der Höhenflug der Grünen mehr ist als das. Er wird von objektiven Tendenzen gespeist, die sich hinter dem Rücken der Akteure durchsetzen und ihnen selbst nicht einmal bewusst sein müssen. Ich will versuchen zu ergründen, welche Wirklichkeit sich zum grünen Gedanken drängt. … weiter


Hinweis: Bei dem Text handelt es sich um eine überarbeitete und erweiterte Fassung eines Artikels, der am 5. November 2018 auf den Nachdenkseiten erschienen ist.


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