Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 96: Die (Noch-nicht-) Demokratie verteidigen!

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 96

 

Die (Noch-nicht-) Demokratie verteidigen!

„Seit den frühesten Tagen der Republik sind wir gespalten zwischen denen, die Demokratie für eine Regierungsform halten, die dem Einzelnen die Freiheit gewährt, nur an sich zu denken, und denen, die glauben, dass wir in einer Gemeinschaft leben und füreinander verantwortlich sind, dass die uns von der Demokratie geschenkte Freiheit die Verpflichtung mit sich bringt, denen zu helfen, die zu schwach oder zu krank oder zu arm sind, um sich selbst helfen zu können – ein Jahrhunderte währender Konflikt zwischen den Interessen des Gemeinwohls und dem Bedürfnis, die Rechte und Freiheiten des Einzelnen zu schützen.“
(Paul Auster)

Der Besuch in Kassel löste in mir Erinnerungen der unterschiedlichsten Art aus. Als wir auf dem Weg zum Theater die Königsstraße hinuntergingen, wurden wir mehrfach von Straßenbahnen überholt. Ich durfte mir als Schüler in den harten Wintermonaten eine Monatskarte für die Kasseler Straßenbahn kaufen und fuhr jeden Tag von Kirchditmold aus mit der Linie zwei in die Stadt zur Schule. Mein Vater sagte, wenn er ausnahmsweise mit der Straßenbahn zur Arbeit fuhr: „Ich nehme heute mal die Elektrische.“ Anfangs waren die Straßenbahnen noch gelb und die Züge bestanden aus mehreren Wagen. Man konnte und musste die Türen selbst öffnen, stieg auf das Trittbrett und sprang beim Aussteigen, wenn das Tempo langsam genug war, von dort auf die Straße. Dabei war es wichtig, dass man die Rest-Bewegung der Bahn einkalkulierte und ein Stück mitlief, sonst drohte man zu stürzen. Der Stromabnehmer, der auf dem Dach der Zugmaschine angebracht war, erzeugte manchmal, wenn er über die Oberleitung glitt, kleine Blitze. Vorn im ersten Wagen saß der Fahrer und drehte an einer Kurbel, mit der er die Geschwindigkeit der Bahn regulieren konnte. In den Wagen herrschten die Schaffner, die die Fahrscheine kontrollierten und verkauften.  … weiter

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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 71: Die Schlange, der Riss und der Tod

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 71

 

Die Schlange, der Riss und der Tod

„Dummheit ist von allen nachwachsenden Energien die zuverlässigste.“
(Sten Nadolny)

Auf dem Alten Friedhof saß ein junger Mann auf einer Bank und fütterte die Eichhörnchen, „meine“ Eichhörnchen. Sie wuselten in größerer Zahl um ihn herum und schienen vertraut mit ihm. Bei mir stellten sich umgehend Eifersuchtsgefühle ein. Als er sah, dass auch ich Nüsse mit mir führte, fühlte er sich bemüßigt Äußerungen zu tätigen, die seine Priorität in Sachen Eichhörnchen-Fütterung betonten. „Heute bevorzugen sie Erdnüsse“, sagte er. Wie zur Bestätigung wurde eine von mir ins Spiel gebrachte Walnuss ignoriert und einfach liegen gelassen. Er nahm das als Beleg für seine größere Vertrautheit mit den Tieren. Er behauptete nun, dass die Eichhörnchen 95 Prozent der von ihnen vergrabenen Nüsse nicht mehr wiederfänden. Feldversuche hätten das ergeben, er habe entsprechende Studien gelesen. Ich bezweifelte diese hohe Fehlerquote, ganz so dämlich und vergesslich seien die Hörnchen nicht. Ich konnte aber wissenschaftlich nichts gegen seine Behauptung aufbieten. Er beharrte auf seinen Zahlen und wiederholte sie eins ums andere Mal.

Der junge Mann gab sich als Mitglied einer Verbindung zu erkennen, die ihr Hauptquartier direkt neben dem Friedhof hat. Ich habe unter dem rechten Augen eine Narbe, die von einer Jochbeinverletzung herrührt, die er aber für einen „Schmiss“ hielt. Er fragte, ob ich einer schlagenden Verbindung angehörte. Als ich verneinte und meine tiefe Abneigung gegen solche Vereinigungen zum Ausdruck brachte, ging unser Gespräch schnell zu Ende. … weiter
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