Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 31: Das optimierte Gesicht

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 31

 

Das optimierte Gesicht

„Man soll den Tod nicht fürchten, damit erweist man ihm zu viel Ehre.“
(Julien Green)

Neulich las ich in einer Tageszeitung, dass immer mehr Menschen, nicht nur in den USA, aber dort vor allem, chirurgische Eingriffe an sich vornehmen lassen, um so auszusehen wie ihre eigenen bearbeiteten Selfies. Dieses Phänomen wurde damit in Zusammenhang gebracht, dass sich die Leute in den Zoom-Konferenzen nun oft selbst sehen und ihnen bei diesen Gelegenheiten vermeintliche Makel auffallen. Das, was sie auf den Bildschirmen sehen, entspricht nicht dem Bild, das sie von sich haben und dem sie entsprechen möchten. Die Maßstäbe für Schönheit liefern die Medien und die vergötterten Influencer, denen sie sich anähneln wollen. Ich erinnerte mich bei dieser Gelegenheit daran, dass Adorno im amerikanischen Exil bereits feststellte, dass viele Amerikaner aussähen wie Vergrößerungen ihrer eigenen Fotografien. … weiter

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild von Free-Photos auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im Magazin Auswege

Alle aktuellen Texte von Götz Eisenberg im GEWerkschaftsMagazin

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 13: Vom Schlafen im Kanonenrohr und der Normalisierung des Grauens

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 13

Vom Schlafen im Kanonenrohr und der Normalisierung des Grauens

„Zu der Bettlerin, die zudringlich wurde,
sagt die Besitzerin des Restaurants, und
sie zeigt dabei auf die Langusten essenden Gäste:
‚Versetzen Sie sich doch in die Lage dieser Herrschaften.‘“
(Albert Camus)

In Hamburg hat am 4. Oktober, also fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Anschlag von Halle, ein 29-jähriger Mann vor einer Synagoge mit einem Klappspaten auf einen jüdischen Studenten eingeschlagen. Das Opfer erlitt erhebliche Kopfverletzungen. Der Täter ist ein sogenannter Deutschrusse, trug eine Bundeswehruniform und führte in der Hosentasche ein selbst gemaltes Hakenkreuz mit sich. Ich vermute, dass der Mann nicht nur den Klappspaten und die Uniform, sondern auch seine politische Prägung von der Bundeswehr bezogen hat.

Wieder wurde der Mann flugs zum Einzeltäter erklärt, nach seiner psychischen Störung wird noch gefahndet. Insgesamt schien mir das mediale Echo gering. Es muss offenbar jemand zu Tode kommen, damit die Empörungsmaschinerie anspringt. Die von Herbert Marcuse zu Zeiten des Vietnamkriegs beobachtete „Normalisierung des Grauens“ ist auch im Feld des Antisemitismus zu beobachten. Wir gewöhnen uns daran, dass in unserem Land wieder Juden attackiert werden. … weiter

Clipart oben links von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild rechts von TomKo65934 auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im Magazin Auswege

Alle aktuellen Texte von Götz Eisenberg im GEW-AN Magazin