Die Aufarbeitung der Corona-Vergangenheit und ihre Tabus

Ein Essay von Bernd Schoepe

Die Aufarbeitung der Pandemiemaßnahmen stößt auf wenig Gegenliebe in der Politik, obwohl sie gesetzlich vorgegeben ist – Es drohen eine anhaltende Traumatisierung der Gesellschaft und ein weiterer Verlust an humaner und demokratischer Substanz

„Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen.“
William Faulkner

„Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit?“*, fragte der Philosoph Theodor W. Adorno 1959. Als „Schlagwort“ gebraucht, bemängelt Adorno, bedeute „Aufarbeitung der Vergangenheit nicht (…), dass man das Vergangene im Ernst verarbeite, um seinen Bann zu brechen durch helles Bewusstsein.“ Es gelte: „Im Hause des Henkers soll man nicht vom Strick reden.“ Adornos Kommentar zur Haltung der den braunen Muff ja konservierenden Adenauerzeit, es müsse ein Schlußstrich unter die Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit gesetzt werden:
„Der Gestus, es solle alles vergessen und vergeben sein, der demjenigen anstünde, dem Unrecht widerfuhr, wird von den Parteigängern derer praktiziert, die es begingen.“
* Theodor W. Adorno, Erziehung zur Mündigkeit, Frankfurt/M. 1971

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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 18: Weihnachten: Eine sinnentleerte Orgie des Konsums

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 18

Weihnachten: Eine sinnentleerte Orgie des Konsums

„Worauf sollen wir noch hoffen? …“
(Sandor Márai)

„Und selbst wenn wir noch keine Änderung sehen,
müssen wir weitermachen; müssen wir widerstehen,
wenn wir noch als Menschen leben, arbeiten
und glücklich sein wollen. Im Bündnis
mit dem System können wir das nicht mehr.“
(Herbert Marcuse)

In der Nacht ist der erste Schnee gefallen. Ich spürte es bereits bei noch geschlossenen Vorhängen an dem gedämpften Geräuschpegel der Stadt. Unweigerlich stiegen Kindheitserinnerungen an die Tage des ersten Schnees auf. Jubelnd stürmten wir in den Garten und bewarfen uns mit Schneebällen. Schnee lag in meinen Kindheitserinnerungen von Dezember bis Ende Februar, manchmal bis Mitte März.

Morgens zogen wir los mit Schlitten, Skiern oder Schlittschuhen. Die Schlittschuhe trugen wir an einem Lederriemen um den Hals. Man schraubte sie, wenn man die Eisfläche erreicht hatte, mit einem Vierkantschlüssel an den Schuhsohlen fest. Beim Schlittschuhlaufen bin ich einmal auf dem Lac unterhalb des Schlosses Wilhelmshöhe in Kassel böse gestürzt und mit dem Knie gegen eine aus dem Eis ragende Wurzel gekracht. Tage später suchte meine Stiefmutter mit mir einen Orthopäden auf. Das wollte etwas heißen, denn so ohne Weiteres suchte man damals keinen Arzt auf. Es war glücklicherweise nichts gebrochen. Aber dieser Winter war für mich vorüber. … weiter

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Vom Elend der Corona-Krise

von Brigitte Pick

Einige Momentaufnahmen:

Am Samstag früh auf dem Markt halten die Menschen in den Schlangen gewissenhaft einen Abstand von zwei Metern ein. Beim Bäcker warten die Menschen sogar vor der Tür im vorgeschriebenen Abstand. Es ist früh und noch nicht viel los. Als ich die Wartende lobe für ihr vorbildliches Verhalten ernte ich böse Blicke.

Ich bin über 70, keine Risiko-Gruppe, da keinerlei Vorerkrankung, aber das steht nicht auf der Stirn geschrieben. Solidarität sei das Gebot der Stunde, so die Kanzlerin, aber eigentlich ist der Mitmensch jetzt dein Feind, da potentieller Virusträger. Bleib zu Hause, Alte, liest man in den Gedanken. Neulich hörte ich den Spruch: Was willst du hier, du gehörst auf den Friedhof. … weiter


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