Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 61: Das Geld ist queer

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 61

 

Das Geld ist queer

Rimbauds einst skandalöse Behauptung, ‚Ich ist ein anderer‘, gehört heute zur psychischen Grundausstattung des zeitgenössischen Subjekts, diesem Chamäleon multipel ausgelebter Existenzweisen.“
(Wolfram Schütte)

Nach dem durch Polizeigewalt herbeigeführten Tod von Mahsa Amini in Teheran kommt der Iran nicht zur Ruhe. Überall im Land wird gegen die Herrschaft der Mullahs und die religiöse Bevormundung demonstriert. Getragen werden die Proteste vor allem von jüngeren Frauen, die ihre Kopftücher ablegen und öffentlich verbrennen. Sie sind nicht länger bereit, sich in die ihnen zugedachte Position einer halbfeudalen oder feudalen Abhängigkeit zurückdrängen zu lassen.

Dem Iran und ähnlich verfassten Gesellschaften steht, wenn man so will, die Aufklärung noch bevor, die der Bevormundung durch die Religion ein Ende setzt und Macht und Herrschaft hinterfragbar macht, ohne dafür gesteinigt oder inhaftiert zu werden. Es sind überfällige Modernisierungsprozesse, die in solchen noch archaisch verfassten Gesellschaften in Gang kommen und die im Fall ihres Gelingens die betreffenden Gesellschaften auf die „Höhe der Zeit“ heben. … weiter

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Unterrichtsmaterial: Lege packt die Tricks der Lebensmittelindustrie aus

gsf – Glück für die, die schon mal eine Doku von und mit Sebastian Lege gesehen haben. Er nennt sich „food experte“, ist gelernter Koch, war in diversen Hotels Koch und Küchenchef und ist seit 2021 sein eigener Herr in seiner „myfoodfactury“. (https://sebastianlege.tv/ueber-mich/)

Das ZDF präsentiert eine ganze Reihe mit Sebastian Lege unter dem Titel „Lege packt aus …“. Dazu zählen z.B. „Falsche Feinkostversprechen“, „Fragwürdige Fertigprodukte“ oder  „Süße Lebensmittelsünden“.  Daneben gibt es noch mehrere Dokus in der Reihe „Die Tricks der Lebensmittelindustrie“.

Lege nimmt die Tricks unter die Lupe, untersucht die Zusammensetzung der angebotenen Waren und baut die Produkte im Studio nach. Interessant ist gar kein Begriff für den Wahnsinn, was in vielen Lebensmittelprodukten steckt. Weiterlesen

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 47: Kriegsfolgen

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 47

 

Kriegsfolgen

Aber man kann nur eine lebendige Gesellschaft verteidigen, und die Auflösung dieser Gesellschaft war schon zu weit fortgeschritten. Niemand glaubte mehr an irgend etwas, weil in Wahrheit nichts mehr möglich war …“
(Victor Serge)

Das, was mich bei der Lektüre von Victor Serges Buch Beruf: Revolutionär am meisten mitnimmt, ist, dass er seitenlang Menschen porträtiert, denen er während seines Aufenthaltes in der Sowjetunion begegnet ist, und jeweils am Schluss des Portraits steht: wurde 1936 oder 1937 erschossen. Und jeder dieser Erschossenen war ein Mensch. Serge schildert sie, weil er dankbar dafür war, dass sie gelebt haben und er sie kennenlernen durfte. „Der Mensch, wer auch immer er sei, und wäre er der letzte der Menschen, ‚Klassenfeind‘, Sohn oder Enkel von Bürgern, darauf pfeife ich; man darf nie vergessen, dass ein Mensch ein Mensch ist. Hier unter meinen Augen, überall, wird das jeden Tag vergessen, das ist das Empörendste, das Antisozialistischste, das es gibt.“ … weiter

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Unterrichtsmaterial: Nachhaltiger Konsum?

Unterrichtsmaterial zu Umweltbewusstsein, Konsumverhalten und nachhaltigem Konsum

Rezension: Günther Schmidt-Falck

Mai 2021. Der Corona-Lockdown wird gerade gelockert. Aufgrund der bisherigen Beschränkungen wundert es nicht, wenn das Volk voller Begierde an Biergärten, Restaurants  und Kaufen, Kaufen, Kaufen denkt. Der Konsum fährt wieder hoch.
Jetzt ist die Gelegenheit günstig, sich über unser Konsumverhalten Gedanken zu machen.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) hat zum Thema „Konsum“ bereits 2013 Unterrichtsmaterialien erstellt, diese dann im September 2020 komplett überarbeitet. Jetzt, im Mai 2021, wird es Zeit darüber nachzudenken, dieses Material im Unterricht einzusetzen. Das BMU führte so ins Thema ein: Weiterlesen

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 20: „Die soziale Revolution ist keine Parteisache!“

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 20


„Die soziale Revolution ist keine Parteisache!“

Erinnerung: der Raum, in dem etwas
zum zweiten Mal geschieht.“
(Paul Auster)

Safranskis Hölderlin-Biographie habe ich entnommen, dass sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Zahl derer, die lesen konnten, verdoppelte. Zukünftige Historiker werden feststellen, dass sich diese Fähigkeit in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts im Zuge der Digitalisierung wieder zurückbildete.

***

Da, wo vor Kurzem noch Dr. Wodarg auf dem Pflaster stand, steht heute Prof. Ruppert. Die Corona-Leugner treiben eine neue Sau durchs Dorf. Aber es muss natürlich eine akademische Sau sein, mit Titel. Die Respektabilitätskechtschaft ist bei ihnen genauso ausgeprägt wie beim Rest der Bevölkerung. Erfrischend anarchisch dagegen Oscar Wilde, der sinngemäß sagte: Mit den Titeln ist es wie mit den Hämorrhoiden: Irgendwann bekommt sie jedes Arschloch!
In Zürich sah ich mal, dass jemand über die Schilder mit den Berufen, Funkionen und akademischen Graden der Mieter, die neben der Haustür angebracht waren, ein dickes, rotes Na und? gesprüht hatte. Der Anarchismus will die Herren abschaffen, die rebellierenden Staatswichtel sehnen sich nach neuen. … weiter

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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 18: Weihnachten: Eine sinnentleerte Orgie des Konsums

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 18

Weihnachten: Eine sinnentleerte Orgie des Konsums

„Worauf sollen wir noch hoffen? …“
(Sandor Márai)

„Und selbst wenn wir noch keine Änderung sehen,
müssen wir weitermachen; müssen wir widerstehen,
wenn wir noch als Menschen leben, arbeiten
und glücklich sein wollen. Im Bündnis
mit dem System können wir das nicht mehr.“
(Herbert Marcuse)

In der Nacht ist der erste Schnee gefallen. Ich spürte es bereits bei noch geschlossenen Vorhängen an dem gedämpften Geräuschpegel der Stadt. Unweigerlich stiegen Kindheitserinnerungen an die Tage des ersten Schnees auf. Jubelnd stürmten wir in den Garten und bewarfen uns mit Schneebällen. Schnee lag in meinen Kindheitserinnerungen von Dezember bis Ende Februar, manchmal bis Mitte März.

Morgens zogen wir los mit Schlitten, Skiern oder Schlittschuhen. Die Schlittschuhe trugen wir an einem Lederriemen um den Hals. Man schraubte sie, wenn man die Eisfläche erreicht hatte, mit einem Vierkantschlüssel an den Schuhsohlen fest. Beim Schlittschuhlaufen bin ich einmal auf dem Lac unterhalb des Schlosses Wilhelmshöhe in Kassel böse gestürzt und mit dem Knie gegen eine aus dem Eis ragende Wurzel gekracht. Tage später suchte meine Stiefmutter mit mir einen Orthopäden auf. Das wollte etwas heißen, denn so ohne Weiteres suchte man damals keinen Arzt auf. Es war glücklicherweise nichts gebrochen. Aber dieser Winter war für mich vorüber. … weiter

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Vandalische Gewalt

Der Kapitalismus zerstört systematisch menschliche Bindungen, die das einzig wirksame Gegenmittel gegen Gewalt sind

von Götz Eisenberg

In der Nacht zum 21.Juni 2020 zogen rund 500 junge Männer plündernd und randalierend durch die Stuttgarter Innenstadt. Auslöser soll eine Drogenkontrolle der Polizei gewesen sein. Die Süddeutsche Zeitung berichtet: „Bei 40 Geschäften wurden Schaufenster eingeschlagen, zwölf Streifen- und Mannschaftswagen der Polizei beschädigt. In neun Läden kam es nach bisherigen Erkenntnissen zu Plünderungen. Etwa 20 Polizisten wurden bei den Ausschreitungen verletzt. Verantwortlich sind nach bisherigen Erkenntnissen junge Männer aus einem Milieu, das die Stadt als ‚Party- und Eventszene‘ beschreibt. Bislang wurden 24 Personen vorläufig festgenommen, unter ihnen sieben Minderjährige, zwölf mit deutschem Pass, ausschließlich Männer. ‚Gewalt ist männlich und betrunken‘, kommentierte dies Thomas Berger, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Stuttgart.“ … weiter

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Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 33: Wie kommt die Ökonomie in Kopf und Seele?

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Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 33

Wie kommt die Ökonomie in Kopf und Seele?

„Ich fürchte mich. Gegen die Furcht
muss man etwas tun, wenn man sie einmal hat. …
Ich habe etwas getan gegen die Furcht.
Ich habe die ganze Nacht gesessen und geschrieben,
und jetzt bin ich so gut müde
wie nach einem langen Weg über die Felder …“
(Rainer Maria Rilke)

Ich habe mich ans tägliche Schreiben gewöhnt, vor allem an das improvisierende, provisorische, ungeschützte Schreiben, das die Form des Tagebuchs erlaubt. Eine Art Probeschreiben, ohne festen Fahrplan, ohne Ziel, ohne akademische Stoßdämpfer, Fußnoten und Quellenangaben. Ich lasse die Gehirnantilope nach Lust und Laune springen, oder besser: folge ihren Sprüngen. Gedankenspiele. Das liegt und gefällt mir außerordentlich, und ich kann mir im Moment ein Leben ohne diese Form des Schreibens nicht vorstellen. Und ja, das Schreiben hilft gegen die Angst, die immer schon da ist. Wenn ich schreibend Angst in Furcht verwandeln kann, ist schon etwas gewonnen. … weiter

Mit diesem Teil 33 endet Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch. Wir danken ihm sehr, dass wir seine „Gehirnantilope“ bei ihren Sprüngen, Aufenthalten, Eindrücken und Gedankengängen in den Zeiten von Corona begleiten durften. Wohin Götz Eisenbergs Antilope nun springt? Wir wissen es nicht. Lassen wir uns überraschen!

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