Auf der Suche nach einer lebenswerten Welt
von Brigitte Pick
Der seit den 1970er Jahren sich entwickelnde Neoliberalismus mit seinen sich ändernden Produktionsweisen erfordert andere menschliche Subjekte, deren Merkmale sich jetzt voll entfalten. Die neoliberale Subjektivierung drückt sich im Erziehungssektor im Bologna Prozess aus und in einer EU-weiten sogenannten Bildungsreform, die die jungen Menschen ganz auf die jetzigen Bedürfnisse des aktuellen Kapitalismus ausrichtet und Gesellschaftskritik weitgehend ausschließt.
Die Bildung ist rein formal, man erwirbt Bildungspatente, muss konkurrenzfähig, kompetent und professionell sein. Qualitätsstandards gaukeln Gerechtigkeit und Kompetenz vor. Bildung wird zur Ware und zum Einfallstor für kommerzielle Interessen. Es setzt sich eine Form von Geschichtslosigkeit durch, wie deutlich auch am Krieg in der Ukraine nachzuzeichnen ist und führt zu einer weitgehenden Moralisierung von Politik. … weiter
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

siehe auch:
→ Brigitte Pick: Esoterische Ansätze der Weltverbesserer und ihre anarchistischen Wurzeln
→ weitere Aufsätze von Brigitte Pick im GEWerkschaftsMAGAZIN
→ frühere Aufsätze von Brigitte Pick im Magazin Auswege
Gunnar Kaiser, der seinen Job als Gymnasiallehrer an den Nagel gehängt hat und als Philosoph bei YouTube Interviews führt und die Corona Maßnahmen kritisiert, ist einer der Protagonisten und möchte Inseln der Freiheit bilden, Gemeinschaften, die in der Natur leben und arbeiten und sich vernetzen müssen, um ein neues Menschenbild zu prägen. Er beruft sich auf Ivan Illich, gemeinsam Atmen, konspirieren… Andere junge Menschen äußern sich ähnlich …
Paradoxerweise werden wir in einer Welt, die moderner nie war, mit individuellen und kollektiven Bewältigungsmustern konfrontiert, die uralt und archaisch anmuten. Im Hochmittelalter (14. Jhdt.) wurde Venedig als führende Handelsmacht zum Einfallstor für die erste schwere Pestepidemie. Man richtet zwei Quarantäne-Inseln vor Venedig ein, auf denen man sowohl die Waren als auch die Personen zunächst einmal lagerte, bei denen man Angst hatte, dass sie diese Pest mitbringen können. Aber bereits im 3. Buch Mose, das zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist, finden sich Praktiken zu Isolation und Quarantäne.
Eine Bestandsaufnahme und ein Ausblick
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Ein internes Papier des Bundesinnenministeriums „nur für den Dienstgebrauch“ von Mitte März 2020 fand seinen Weg ins Netz und lässt einen beim Lesen erschrecken, ob des Zynismus und des Fehlens von Fakten. Man plant im Rahmen der Covid-19 Pandemie die Schocktherapie wie aus dem ökonomischen Bereich bekannt und von Naomi Klein eindringlich beschrieben.
Am Samstag früh auf dem Markt halten die Menschen in den Schlangen gewissenhaft einen Abstand von zwei Metern ein. Beim Bäcker warten die Menschen sogar vor der Tür im vorgeschriebenen Abstand. Es ist früh und noch nicht viel los. Als ich die Wartende lobe für ihr vorbildliches Verhalten ernte ich böse Blicke.