„Strukturen bei der Grundbildung Erwachsener sind mangelhaft“

Bildungsgewerkschaft GEW zum „Weltalphabetisierungstag“

Mitteilung: GEW

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnt die Politik, ihr Versprechen, nachhaltige Strukturen für die Grundbildung Erwachsener zu schaffen, endlich umzusetzen. Drei Jahre vor Ende der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung seien diese weiterhin „mangelhaft“. „Etliche Bundesländer haben Grundbildungszentren und ähnliche Einrichtungen gestärkt oder neu aufgebaut – jedoch lediglich über befristete Projekte“, sagte Ralf Becker, GEW-Vorstandsmitglied Berufliche Bildung und Weiterbildung, am Donnerstag mit Blick auf den „Weltalphabetisierungstag“ am Freitag.

Er machte die Dimension der Herausforderung deutlich: Mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland könnten nicht ausreichend lesen und schreiben, sie seien damit von Teilhabe in der Gesellschaft weitgehend ausgeschlossen. Jährlich verließen mehr als 50.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss. Diese Zahl habe sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verringert. „Bis heute kümmert sich die Politik viel zu wenig um die Menschen, die Schwierigkeiten haben, beruflich und gesellschaftlich Fuß zu fassen“, sagte Becker.

Er setzte sich für mehr Nachhaltigkeit in der Grundbildungspolitik ein. Die Ergebnisse der befristeten Projekte könnten nur dann nachhaltig in die Praxis umgesetzt werden, wenn die Erwachsenenbildungseinrichtungen vor Ort strukturell gestärkt und mit mehr Ressourcen ausgestattet werden. Sowohl die Gewinnung Teilnehmender als auch die Kooperation und Netzwerkarbeit etwa mit Betrieben, Berufsschulen, Jobcentern und sozialen Einrichtungen in den Orten und Stadtteilen erforderten mehr personelle Ressourcen. Grundbildungszentren und ähnliche Kooperationsstellen seien sehr unterschiedlich ausgestattet und hätten oft Projektcharakter. Der GEW-Experte stellte klar, dass angemessene Mindeststandards, unbefristet beschäftigtes Personal und eine flächendeckende regionale Verankerung dringend notwendig seien.

Die Transformationen in der Arbeitswelt und der Fachkräftemangel sorgten dafür, dass die arbeitsplatzorientierte Grundbildung immer wichtiger wird. „Eine gute Grundbildung ermöglicht die Teilhabe an der gesellschaftlichen Wertschöpfung und trägt dazu bei, den Fachkräftebedarf zu decken“, erläuterte Becker. Die meisten Einrichtungen der Weiterbildung arbeiteten weiterhin fast ausschließlich mit Honorarkräften oder befristeten Projektstellen. „Wir brauchen aber Dauerstellen für Daueraufgaben – auch und insbesondere in der Grundbildung“, unterstrich Becker.

Info: In der „Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung“ (Alpha-Dekade 2016 bis 2026) arbeiten Bund, Länder und diverse Partner zusammen mit dem Ziel, „das Ausmaß geringer Literalität in Deutschland zu verringern und das Grundbildungsniveau zu erhöhen“. Die GEW macht sich dafür stark, dass in der Alpha-Dekade drei Aspekte umgesetzt werden, um die Grundbildung zu stärken:

  • ein Rechtsanspruch auf Grundbildung mit verbindlichen und verlässlichen Strukturen,
    ein flächendeckendes, hochwertiges, kostenfreies und niedrigschwelliges Grundbildungsangebot sowie personell gut ausgestattete Grundbildungszentren,
  • eine Professionalisierung des Personals und bessere Beschäftigungsbedingungen.

Die UNESCO hatte den Weltalphabetisierungstag 1966 ins Leben gerufen. Seitdem wird jedes Jahr am 8. September mit Aktionen und Veranstaltungen auf die Verbreitung von Schwächen der Menschen bei Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen aufmerksam gemacht und für mehr und bessere Grundbildung geworben.
In Deutschland können 6,2 Millionen Erwachsene zwar Buchstaben, Wörter und einzelne Sätze lesen und schreiben, haben jedoch Mühe, einen längeren zusammenhängenden Text zu verstehen. Das erschwert ihnen die persönliche und berufliche Entwicklung und behindert ihre Teilhabe am kulturellen und politischen Leben der Gesellschaft. 62 Prozent der Betroffenen sind erwerbstätig, die Mehrheit sind Männer. 53 Prozent der funktionalen Analphabeten sind Muttersprachlerinnen und -sprachler (LEO-Studie 2018 der Universität Hamburg, im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung).


7.9.2023
Ulf Rödde
GEW-Hauptvorstand
www.gew.de

 

21 Vorschläge zur Lehrkräftegewinnung für die Schulen in Baden-Württemberg

Mitteilung: GEW Baden-Württemberg

Bereits am ersten Schultag müssen sich Schüler*innen und ihre Eltern auf Unterrichtsausfall einstellen. Fast alle Schularten werden im nächsten Schuljahr 2023/2024 erneut zu wenig Lehrkräfte haben, um den Pflichtunterricht sicherzustellen.
Die GEW erwartet von der Landesregierung nachhaltige Investitionen und mehr Kreativität, um die 4.500 Schulen im Land dauerhaft krisenfest zu machen. Mit 21 Vorschlägen zur Lehrkräftegewinnung reagiert die Bildungsgewerkschaft auf den Mangel an Pädagog*innen. Weiterlesen

GEW Bayern fordert zu Beginn des neuen Schul- und Kitajahres: Die dramatische Bildungskrise in Bayern muss endlich beherzt angegangen werden

Die Situation in den Bildungseinrichtungen und für viele Kinder und Jugendliche in Bayern ist dramatisch. 320.000 Minderjährige leben unter der Armutsgrenze. Über 6.000 Schüler*innen haben zuletzt die Schulen in Bayern ohne jeden Schulabschluss verlassen. Jedes vierte Kind in der vierten Klasse kann nicht richtig lesen. Insgesamt wird die Zahl der Analphabet*innen in Bayern auf über 700.000 geschätzt. Weiterlesen

Schulsozialarbeit kann mehr!

Abschlussbericht zu Schulsozialarbeit in Sachsen während Corona-Pandemie veröffentlicht

Bericht: Evangelische Hochschule Dresden

Ein Forschungsteam aus Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen unterschiedlicher Institutionen der Landeskirche Sachsens sowie der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Sachsen e.V. hat die Ergebnisse einer nunmehr vierten sachsenweiten Mixed-Methods-Befragung von Schulsozialarbeiter:innen im Abschlussbericht „Schulsozialarbeit in Sachsen in Veränderung“ veröffentlicht. Mit diesem Bericht wird der dreijährige Forschungszyklus „Schulsozialarbeit in Sachsen in Zeiten der Corona-Pandemie“ abgeschlossen. … weiter

Download des Abschlussberichts als pdf-Datei


Quelle: 
www.idw-online.de
www.ehs-dresden.de

 

 

Ausbildungsreport belegt Mängel bei Digitalisierung

Mitteilung: DGB

Vier von zehn Auszubildenden sind mit der digitalen Ausstattung der Berufsschulen unzufrieden, immer weniger Auszubildende würden ihren eigenen Ausbildungsbetrieb weiterempfehlen und die Zufriedenheit mit der Ausbildung ist im Vergleich zum Vorjahr so stark gesunken, wie bisher noch nie – das sind nur drei Ergebnisse des neuen Ausbildungsreports der DGB-Jugend, der heute in Berlin vorgestellt wurde. Weiterlesen

„Rolle rückwärts bei der Inklusion in Schule“

Bildungsgewerkschaft GEW zur aktuellen UN-Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention

Die Gewerkschaft Erziehung (GEW) mahnt Bund und Länder, zur Umsetzung der Inklusion im Bildungsbereich mehr Verantwortung zu übernehmen und mehr Ressourcen bereit zu stellen. Die GEW-Vorsitzende Maike Finnern schlug einen „Pakt für Inklusion“ vor. „Die schulische Inklusion ist ins Stocken geraten, in einigen Bundesländern sogar rückläufig. Das ist beschämend, denn Deutschland hat die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) bereits vor 14 Jahren ratifiziert“, sagte Finnern am Dienstag mit Blick auf die UN-Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der BRK. Danach werde weiterhin mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf an gesonderten Schulen unterrichtet, die in manchen Bundesländern wieder vermehrt eingerichtet würden. „Das ist nicht nur kostspielig, sondern auch diskriminierend, da die meisten dieser jungen Menschen keine anerkannten Abschlüsse erhalten und kaum Perspektiven auf dem weiteren Bildungs- und Lebensweg, geschweige denn auf dem Arbeitsmarkt haben“, betonte Finnern. Weiterlesen

„Armutsfeste Kindergrundsicherung ist dringend notwendig“

Bildungsgewerkschaft GEW: „Eckpunktepapier muss deutlich nachgebessert werden“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) macht sich dafür stark, dass die Eckpunkte für eine Kindergrundsicherung deutlich nachgebessert werden. „Eine armutsfeste Kindergrundsicherung sieht anders aus. Zusätzlich 2,4 Milliarden Euro für 2024 sind nicht mehr als ein erster Einstieg in die Kindergrundsicherung“, betonte GEW-Vorsitzende Maike Finnern mit Blick auf das gestern vorgelegte Papier. „Arme Kinder müssen uns mehr Wert sein! Ihre Chancen auf eine gute Lebens- und Berufsperspektive, müssen dringend substanziell verbessert werden. Für eine bessere Teilhabe an der Gesellschaft und mehr Chancengleichheit brauchen die Kinder die bestmögliche Bildung.“ Finnern wies darauf hin, dass allein die wichtige Zusammenführung des Kindergeldes und -zuschlags, der Leistungen aus dem Bürgergeld sowie der Sozialhilfe für Kinder und des Bildungs- und Teilhabepakets einen Großteil der Gelder auffressen werde. Weiterlesen

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