Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 87: Zum „Abhitlern“ ins „Teutonenhaus“

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 87

 

Zum „Abhitlern“ ins „Teutonenhaus“

„ … das Klingeln der Straßenbahn unter den Fenstern verwandelte sich im Traum in Glockengeläut, in das Geläut aller Glocken dieser Welt, die verkündeten, dass die Kriege endgültig zu Ende waren und die Erdkugel dem arbeitenden Volk gehörte.“
(Milan Kundera. Das Leben ist anderswo)

Wie lang werden wir dem Agonisieren dieser Regierung noch zuschauen müssen? Ihr Niedergang scheint unabwendbar, aber wer oder was könnte an ihre Stelle treten? Und wäre das eine echte Alternative? Was uns erwartet, ist ein längeres Siechtum, eine Variante des „Interregnums“, von dem bei Gramsci die Rede ist: Das Alte liegt im Sterben, das Neue ist noch nicht geboren. Es ist dies eine Periode, die voller Gefahren steckt. Es ist, heißt es bei Gramsci, eine Zeit der Monster und der sozialen Pathologien. Wir können von Glück sagen, dass die AfD noch nicht stark genug ist, um zum finalen Angriff auf die Macht zu blasen.
Von der Linken haben wir nichts zu erwarten, jedenfalls nicht von den beiden Varianten, die uns die sozialdemokratische und bolschewisierte Arbeiterbewegung hinterlassen hat. Hier haben wir es mit einer speziellen Variante eines Interregnums zu tun: das Alte liegt wie eine Endmoräne noch in der gegenwärtigen politischen Landschaft herum, das Neue blitzte hier und da mal auf, hatte aber noch keine Zeit, sich auszuformen und Gestalt anzunehmen und wurde bald vom Überkommenen wieder überwuchert. … weiter
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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 82: Fallende Blätter, oder: Wie viel Diversität hält eine Gesellschaft aus?

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 82

 

Fallende Blätter, oder: Wie viel Diversität hält eine Gesellschaft aus?

„Ein Mensch, dem der Lebenssinn abhandenkommt, wird Selbstmord begehen. Eine menschliche Einrichtung, sei es eine Familie oder sei es ein Staat, die nur noch – und sei es bestens – funktioniert, aber die nichts darüber hinaus verbindet, die von keiner gemeinsamen Idee oder Vision oder ideellem Interesse getragen und verbunden ist, ist tot und wird verfallen.“
(Christoph Hein)

Als ich gestern Abend nach der Corona-Pause endlich mal wieder ins Kino „Traumstern“ nach Lich fahren wollte, blieb auf dem Gehweg ein kleiner Junge stehen, deutete in meine Richtung und rief laut in Richtung seines Vaters: „Guck mal Papa, der Mann schließt sein Auto mit einem Schlüssel auf!“

Während ich mich immer noch darüber wundere, dass Leute die Autotüren ihrer PKWs mit einer Fernbedienung öffnen, staunt dieser kleine Junge darüber, dass jemand die Tür seines Autos mit einem Schlüssel aufschließt. Was würde er erst für Augen machen, wenn er mitbekäme, dass es bei mir noch ein Telefon mit Wählscheibe gibt? Ich bin offenbar inzwischen ein musealer Mensch, ein Fossil aus einer untergegangenen Stufe der Gesellschaftsgeschichte. … weiter
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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 52: Vom übers Knie legen

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 52

 

Vom übers Knie legen

„So ist das. Man macht dies, man macht das, und auf einmal war’s ein Leben.“
(Bernhard Schlink)

Anderntags ging ich frühmorgens in den botanischen Garten. Weil es in den letzten Tagen endlich mal geregnet hat, duftete es intensiv nach Blüten, Pflanzen und Erde. Ich setzte mich in der milden Morgensonne auf eine Bank und las in der SZ vom Wochenende. Ein Amselmännchen hüpfte aufgeregt um mich herum. Es trug einen Wurm im Schnabel, der links und rechts herabbaumelte. Die Amsel wirkte orientierungslos, so als hätte sie vergessen, wo sich das Nest befindet, in dem aufgesperrte Schnäbel auf diesen Wurm warteten. Irgendwann verlor ich sie aus den Augen. Aus dem Hang in meinem Rücken duftete der Bärlauch, dessen kugelige, weiße Blüten wie kleine explodierende Feuerwerkskörper leuchteten. Plötzlich wurde auf der nahen Straße eine Baumaschine angeworfen und der sonnige Mai-Morgen ging für mich rabiat zu Ende. … weiter

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„Die Wahrheit stirbt zuerst“

„Das letzte Mittel“ – Krieg in der Ukraine und die Folgen

von Frank Bernhardt

„Krieg ist furchtbar und schlimm!“ Das ist nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, zuletzt nach den Bildern aus Butscha, in der hiesigen Öffentlichkeit und auch unter Freunden und Bekannten immer wieder zu hören. Und daran gibt es keinen Zweifel, denn nicht zuletzt wird die Zivilbevölkerung „wesentlich häufiger getötet oder verletzt als Mitglieder der Streitkräfte“ (web.de, 05.21). Laut CIA-Berichten sind fast 90% der Kriegsopfer weltweit Zivilisten, „viele davon Kinder“ (profil.at Nr.12, 03.22).

Statt es bei moralischen Klagen zu belassen, sollte man aber auf die Kriegsgründe, auf die Gegensätze, die zwischen und auch in den Staaten unterwegs sind, zu sprechen kommen. Denn sonst wird sich an den beklagten Zustanden nie etwas ändern lassen. Hier ein Versuch in diesem Sinne, auch wenn der Kriegsverlauf noch offen ist und solche Analysen zur Zeit eher verpönt sind, da mit der moralischen Parteinahme für die Ukraine alles geklärt sein soll. … weiter


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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 37: Frühe Verschickungen

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 37

 

Frühe Verschickungen

„Während der Wissenschaftler immer darauf bedacht ist, die Wirklichkeit, so wie er es braucht, aufzuspalten, um die der technischen Einwirkung des Menschen zu unterwerfen, um die Natur zu überlisten in einer Haltung des Misstrauens und der Kampfbereitschaft, behandelt der Philosoph die Natur als Gefährtin. Die Richtschnur der Wissenschaft ist jene, die Bacon aufgestellt hat: gehorchen, um zu herrschen. Der Philosoph hingegen gehorcht weder, noch herrscht er; ihm ist darum zu tun, einen Gleichklang zu finden.“
(Henri Bergson)

Ich muss bei Olaf Scholz Abbitte leisten. Vor einer Weile hatte ich mich darüber lustig gemacht und mein Unverständnis darüber geäußert, dass er sich hartnäckig als kommenden Kanzler phantasierte, und nun scheint das durchaus im Bereich des Möglichen zu liegen. Weniger allerdings durch eigene Verdienste, als durch Fehler seiner Konkurrenten. Vor allem Frau Baerbock hat viel dafür getan, ihre und der grünen Partei Chancen zu schmälern. Gewisse Medien haben ihre Schwächen und Fehler weidlich ausgeschlachtet und an ihrer Demontage heftig mitgearbeitet. Sie ist relativ unerfahren und ungeübt in die „Todeszone der Politik“, wie Joschka Fischer die Spitzenregion einmal genannt hat, eingedrungen und man hat ihr übel mitgespielt. … weiter

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